Rezension

Der schöne Schein

Bis die Sonne scheint -

Bis die Sonne scheint
von Christian Schünemann

Bewertet mit 4 Sternen

Zeitreise

 

Sympathisch ist der Erzähler in Schünemanns Roman „Bis die Sonne scheint“, der so unbeholfen wirkt und so anders als der Rest dieser Familie, die eine komische Mischung von Optimismus, Komik und gefährliche Verdrängungsmechanismen ausmacht. Diese haben die Eltern, Vater Architekt, Mutter gelernte Buchhalterin, zwischenzeitlich Wolllädcheninhaberin und bisweilen helfende Hand im Büro ihres Mannes, an den Rand des finanziellen Ruins getrieben. Doch das versuchen sie geschickt zu vertuschen, vor den Leuten im Dorf, vor den Kindern und vor der Großmutter. „Bis die Sonne scheint“ ist so etwas wie ihr Lebensmotto: Sie suchen so lange nach ihrem Lebenszuschnitt, bis ihnen die Sonne scheint. Allerdings machen ihnen Wolken immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Ein Konzept funktioniert, verspricht Erfolg. Doch dieser ist nicht von Dauer. Und schon muss man sich wieder auf die Suche nach der Sonne machen. Dies Prinzip setzt sich schon länger in beiden Familien fort. In Exkursen werden im Rückblick die Familiengeschichten beider Elternteile erzählt, beginnend mit dem Ende des Krieges 1945, der von allen eine Neuordnung des Lebens fordert. Immer wieder müssen Lebensmodelle über den Haufen geworfen werden, muss nach einem Scheitern ein Neuanfang gewagt werden. Höhen und Tiefen wechseln sich ab. Aber irgendwie gilt immer nur das Weitermachen, so kräftezehrend es auch ist, um ein klein wenig Lebensglück zu finden. Wem das nur schwer zu gelingen scheint, ist der junge Erzähler. Sein Glück fällt dem misslungene Lebenskonzept der Eltern zum Opfer: der Frankreichaustausch, den er ersehnt, kann nicht bezahlt werden, die Konfirmation schrumpft auf eine Minifamilienfeier und das Elternhaus gerät unter den Hammer. Zukunft ungewiss. Einziger Lichtblick ist Zoe. Ihre Eltern stammen aus dem Osten, aber sie haben im Westen Fuß gefasst. Geld spielt keine Rolle. Dafür bröckelt hier die Ehe der Eltern, die Mutter verfällt in eine Depression, der Vater hat eine neue. Auch keine Idylle.

Der Roman kann den Leser schon packen. Die Schicksale der Familien sind zum einen ergreifend, zum anderen nicht ohne Komik. Besonderes Highlight für die Zeitgenossen sind die vielen Reminiszenzen an die Zeitgeschichte. Auf jeden Fall ein spannendes Porträt der deutschen Nachkriegsgeschichte. Nur die vielen Sprünge in der Handlung in verschiedene Stränge der Vergangenheit und die bisweilen verwirrenden Beziehungsgeflechte in den Familien bringen beim Lesen schon einmal durcheinander: wer war das gleich noch mal?