Rezension

Der Shakespeare-Mörder ist zurück: Mord an einer Studentin - Gibt es ein persönliches Tatmotiv?

König Tod - Thilo Corzilius

König Tod
von Thilo Corzilius

Der Journalist Thaddäus von Bergen ist spätestens nach seiner Reportage über den Mord an einem Hamburger Verleger in der Hamburger Medienlandschaft ein gern gesehener "Gast". Längst hat sich der wohlhabende Besitzer einer Villa in einem Hamburger "Nobelviertel" als Journalist einen Namen gemacht. Doch das, was von Bergen am Morgen eines trüben Hamburger Herbsttages erfährt, ist sogar für den emotional abgehärteten Enddreißiger nicht so leicht wegzustecken. Seine Untermieterin Monika Harms wurde ermordet. Die erfolgreiche Journalismus-Studentin mit sehr gutem Gespür für interessante aber auch für sperrige und unbequeme Themen ist auf die gleiche Art und Weise umgebracht worden wie zuvor der Verleger.

~~Die Tötungsweise bei der Ermordung von Monika Harms entspricht genau dem, was Thaddäus von Bergen in der bekannten Wochenzeitung CHRONOS vor einigen Wochen veröffentlicht hatte. Für den ermittelnden Kommissar Falter ist es nicht auszuschließen, dass von Bergen etwas mit dem aktuellen Tötungsdelikt zu tun hat.

Auf Anraten einer sehr guten, langjährigen Freundin beginnt Thaddäus von Bergen gemeinsam mit dem Informatikstudent Amir Benayoun, der auch als Untermieter in der Villa wohnt, Informationen über die gemeinsame Mitbewohnerin zu sammeln.

Doch schnell bringt ihre Hintergrundrecherche zu Tage, dass sie - die immer freundliche Monika Harms - überhaupt nicht richtig kannten. Und auch Kollegen, Freunden, Familie und Kommilitonen geht es nicht anders. Doch wer und wie war Monika Harms wirklich, und was könnte das Motiv für die Mordtat sein?

Titel:

Der erste Teil des Titels „König Tod“ zieht sich durch den kompletten Thriller. Immer wieder gibt es Ermittlungsspuren, die etwas mit „König“ zu tun haben. Zu Beginn ist es ein Zitat aus König Lear, welche der Mörder mit dem Blut der Opfer an die Wand schreibt. Seitdem geistert der bestialisch-agierende Täter als Shakespeare-Mörder durch die Presse.

 

Cover:

Auf dem Cover steht im Hintergrund der Schatten – eine Person gekleidet in langem Mantel mit hochgeschlagenem Kragen. Die Person – sieht aus wie ein Mann – steht hinter einem lichtdurchlässigen hellen Material. Wenn Licht auf diese Paravent-ähnliche Wand fällt, zeichnet sich die Person schemenhaft dahinter ab. In dicken Lettern prangt der Titel KÖNIG TOD zweireihig etwa in der Mitte des Covers, überdeckt je nachdem, wie der Betrachter darauf schaut, den Oberkörper der schemenhaften Person. Nichts ist so, wie es auf den ersten Blick scheint: Graue Striche durchziehen wie Risse den „Paravent“, oben und unten rote Spritzer – Blut. Der Betrachter tappt bei seiner Mördersuche auch weiterhin im Dunkeln, zu ungenau ist der Scherenschnitt des Täters im Hintergrund. Lange tappen Amir, Thaddäus und die Polizei im Dunkeln. Der Täter verfolgt – verdeckt, unsichtbar – die Ermittlungsschritte von Thaddäus. Was will der Täter von Thaddäus?

Doch je weiter sie bei ihrer Ermittlungsarbeit kommen, umso mehr Risse bekommt der Paravent – umso durchschaubarer wird das Geschehen. Doch sehen, wer sich dahinter verbirgt, können die beiden Männer erst am Ende der Geschichte. Vorher schickt uns der Autor Thilo Corzilius noch wendungsreich zu einem definitiv nicht vorhersehbaren Ende. Er stellt uns einen Täter vor, mit dem niemand gerechnet hatte.

Hauptprotagonisten:

Mit Beginn der Hintergrundrecherche lernt der Leser neben Thaddäus auch den anderen Hauptprotagonisten Amir näher kennen. Thaddäus von Bergen, der Realist, der sich trotz seiner Abstammung aus einer wohlhabenden Familie, für nicht so wichtig nimmt. Thaddäus macht seinen Job als Journalist gerne, ihm ist seriöser Journalismus wichtig. Dafür bringt er viel Einsatz.

Thaddäus ist ein authentischer Protagonist, der mit dieser sehr persönlichen Recherche sehr nah an seine Belastungsgrenze herankommt, so dass es ihm sehr schwer fällt, sich emotional zu distanzieren. Was ihm auch des Öfteren misslingt. Der selbstbewusste Thaddäus beginnt an sich und seinem Tun zu zweifeln.
Dem israelischen Informatik-Studenten Amir fällt die emotionale Distanz auch zu möglichen Verdächtigen schwer. Den Hobby-Hacker wirft der perfide Mord gleich zu Beginn der Geschichte wahrlich aus der Bahn. Amir empfindet Wut und Hass gegenüber dem Mörder. Er hadert mit sich, weil Unaussprechliche Dinge zwischen ihm und der Verstorbenen stehen.

Amir nimmt die Tat persönlich, seine Gefühle fahren Achterbahn. Befragte macht er gerne für die Tat verantwortlich, wenn ihm diese von ihrem Auftreten her, verdächtig erscheinen, ihm unsympathisch sind. Er neigt zu unkontrollierten Gefühlsausbrüchen im Beisein vermeintlicher Täter.

Widersprüchlich zu ihrer bisherigen Persönlichkeit und Arbeitsweise handeln die beiden Männer nach dem Tod der Mitbewohnerin. Sie verfahren oft sehr chaotisch bei ihrer Recherche, sie werden von ihren Emotionen geleitet. So wie sich die beiden Männer immer näher kommen, so werden die beiden authentisch-agierenden Männer auch dem Leser immer sympathischer.

Die vielen Nebenprotagonisten werden nacheinander eingeführt. Ihr Eintritt ins Geschehen ist immer mit einer Handlungsveränderung oder mit einem Wechsel des Handlungsortes verbunden. So kann sich der Leser diese Protagonisten und ihre Beziehung zur Geschichten gut und nachhaltig merken.

Die Trennung der umfangreichen Handlungsorte findet oft im Kapitelwechsel statt. Aber auch die *** kennzeichnen den Wechsel eindeutig und lassen dem Leser diesen Wechseln immer gut folgen. Ein immer wieder zurückkommen in Thaddäus Haus ist nicht nur aus dramaturgischen Gründen gut und sinnvoll. So macht es auch oft die Hoffnungslosigkeit bei der Mördersuche sichtbar, und unterstützt damit gut den Lesefluss.

Den Einblick in die Welt des Journalismus - so widersprüchlich und unterschiedlich dargestellt - finde ich eingängig und für Laien verständlich und nachvollziehbar, auch was das Agieren des Protagonisten Thaddäus betrifft. Beide Themen, über die Monika bis zu ihrem Tod recherchiert hat, sind sehr aktuell. Eine gute Wahl. Außerdem haben sie je nachdem viel Zündstoffpotential.

Lesefluss + Sprache:

Ich konnte dem Thriller gut folgen. Er liest sich gut, ist flüssig geschrieben. Oftmals erinnert er mich auch an einen Krimi, doch viele Szenen bauen die Spannung eines Thrillers auf. Wie schon geschrieben: „König Tod“ ist spannend und fesselnd; emotional, und sachlich in vielen Recherche-Szenen. Die beiden Männer verhalten sich laut und leise. Sie müssen sehr schnell agieren und werden auch oft ungewollt ausgebremst.

Der Lesefluß korrespondiert gut mit dem Spannungsbogen. Ich habe selten einen Krimi/Thriller gelesen, in dem mir so viele Wörter und Formulierungen wie z.B. „Herden von grauen Staubschäfchen“ so gut gefallen haben, so dass ich sie eifrig im Text markiert habe.

 

Fazit:

Thilo Corzilius schafft es bis zum Ende des Thrillers die Spannung zu handeln, so dass der Leser urplötzlich in ein rasantes, packendes und fesselndes Ende hineinschlittert. Im Epilog lässt er die Hoffnung auf eine Fortsetzung aufkommen. Ich wünsche es mir. Ich würde sie lesen. Ich kann ja bereits diese Geschichte um Thaddäus und Amir sehr empfehlen.