Rezension

Der Tod der Monarchie

Der Attentäter - Ulf Schiewe

Der Attentäter
von Ulf Schiewe

Bewertet mit 5 Sternen

Der Juni 1914 hat das Gesicht der Welt verändert. Ausschlag gab das Attentat auf Erzherzog Franz Ferdinand, den Thronfolger Österreich-Ungarns, das nicht nur Europa aus den Angeln hob. 

Ulf Schiewe hat mit "Der Attentäter" ein beeindruckendes historisches Werk geschaffen. Bildhaft, schlüssig und packend erlebt der Leser die letzten Tage bis zum Anschlag, und lässt sich somit auf eine spannende Zeitreise ein. 

Sarajevo hat sich schon allein wegen der Ereignisse von 1914 in das Gedächtnis der Menschheit gebrannt. In dieser Stadt kam es 1914 zum verheerenden Attentat am österreichischen Thronfolger, das - mit weit schweifenden Blick - den Untergang der Monarchie eingeläutet und zwei Weltkriege ausgelöst hat. 

Dieser Roman veranschaulicht die letzten Tage bis die Bombe in Sarajevo platzte und die tödlichen Schüsse fielen. 

Ulf Schiewe nimmt sich dazu chronologisch der Ereignisse an, und lässt das Geschehen anhand mehrerer Perspektiven Revue passieren:

Erzherzog Franz Ferdinand und seine Frau Sophie treten ihre letzte Reise an. Dabei ist der Autor sichtlich bemüht, ihren Charakter, ihre Sicht der Dinge und den Alltag zu reflektieren. Er thematisiert das aufbrausende, dennoch gutmütige Temperament, des Erzherzogs, setzt sich mit Sophies kurioser Stellung am Hof auseinander, und lässt den liebevollen Umgang des Paares mit ihren Kindern nicht außer Acht. 

Währenddessen wirft die Schwarze Hand ihren Schatten auf die Vorbereitungen des hochwohlgeborenen Besuchs in Sarajevo. Man ist auf einen Anschlag gefasst. Die Sicherheitsvorkehrungen laufen, Beamte patrouillieren und der Geheimdienst hat Andeutungen und Gerüchte aufgeschnappt. Als Stellvertreter des Geheimdiensts bedient sich der Autor des fiktiven Major Rudolf Markovics, der sich mit allen Mitteln gegen eine Bedrohung des Erzherzogs stellt. 

Nichtsdestotrotz sind in einer weiteren Perspektive drei junge Serben auf den Weg nach Sarajevo, um zu tun, was ihrer Meinung nach getan werden muss. Als Helden wollen sie sterben, sich für das Land opfern, und zeigen, was in ihnen steckt. 

Sämtliche Figuren sind facettenreich dargestellt. Niemand wird als böse oder teuflisch abgestempelt, sondern der Autor vermittelt geschickt die Motivation hinter dem Verhalten, und schafft Verständnis für die Handlungen.

Die unterschiedlichen Perspektiven sind zu einem mitreißenden Roman verwoben. Obwohl man als Leser weiß, wie es endet, lassen einen die Ereignisse nicht los. Teilweise ist das Geschehen derart unglaubwürdig, dass man sich schon fragt, ob hier höhere Macht am Werk gewesen ist. Dabei beweist Ulf Schiewe ein Auge für’s Detail, weil es die Kleinigkeiten waren, welche zum Ziel, zum erschütternden Finale, führten.

Ein Zufall jagt den nächsten, ein Zahnrad treibt das andere, und im Endeffekt kommt es zu einem Knall, der die Monarchie in den Untergang zieht.

Ich bin von diesem historischen Roman absolut begeistert und beeindruckt. Die Spannung hält vom ersten Augenblick an. Neugierig lässt man sich auf die Umstände ein, erfährt interessante Hintergrunddetails und ich konnte mich dem allgemeinen Sog bis zum Ende hin nicht entziehen.

Meiner Meinung nach ist "Der Attentäter" ein großartiges historisches Werk, der dem Tod der Monarchie, dem Beginn des Ersten Weltkriegs und dem Flair dieser Zeit erneut Leben verleiht, und dementsprechend faszinierend ist. Empfehlung.