Rezension

Der Tod gehört nach Wien

Der Schatten - Melanie Raabe

Der Schatten
von Melanie Raabe

Bewertet mit 3 Sternen

Die Journalistin Norah Richter versucht nach beruflicher und privater Katastrophe einen Neuanfang. Dazu verlegt sie ihren Wohnsitz von Berlin nach Wien. Doch kaum in Wien angekommen, prophezeit ihr eine Bettlerin, dass sie zu einem bestimmten Datum an einem bestimmten Ort einen Mann ermorden wird. Norah ist der Mann allerdings völlig unbekannt.

Melanie Raabe kann unbestritten schreiben, mühelos und spannend liest sich ihr dritter Roman Der Schatten. Die Autorin lässt ihre Protagonistin Grenzen ausloten. Im düsteren winterlichen Wien erscheint die unwirkliche Gaslichtstimmung, die Norah erleben muss gleich umso bedrohlicher. Und doch war gut ab der Hälfte des Buches die Inszenierung durchschaubar, die Auflösung deckt sich mit  den eigenen Vorahnungen.

Ich gebe zu, ich bin unverbesserlich beeinflussbar, wenn ein Thriller in meiner Heimatstadt spielt und sich mir liebe Büchermenschen sehr motivierend zu diesem Buch äußerten. Doch es war nicht nur die vorhersehbare Entwicklung der Geschichte, die es mir mit dem Buch nicht leicht machte. Gewisse geografische Unzulänglichkeiten, so etwas, dass die türkische und brasilianische Botschaft weder benachbart sind noch sich, genauso wenig, wie das Belvedere,  im 7. Bezirk befinden oder der großartige Spruch „Never forget, if you can touch it, it also can touch you“ nicht am Volkstheater sondern an einer Performancebühne des Wiener Künstlerhauses angebracht ist, mag ja noch als dichterische Freiheit und nicht als Recherchefehler ausgelegt werden. Aber niemand, wirklich niemand sagt in Wien „am“ Prater. Eine Phrase, die im Schlüsselsatz des Buches leider viel zu oft vorkommt. Schade, dass es im btb Lektorat niemand mit mehr Wien-Affinität gibt.

Man möge mir meine Befindlichkeiten verzeihen, es wird andere wahrscheinlich nicht stören und vom Lesegenuss nicht abhalten.