Rezension

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Der tolle Anfang hält für mich leider nicht, was er verspricht

Der Trick - Emanuel Bergmann

Der Trick
von Emanuel Bergmann

Bewertet mit 2.5 Sternen

Eine ausführliche Leseprobe hatte mir gut gefallen und mich auf das Buch neugierig gemacht. Normalerweise gefällt mir dann auch das ganze Buch, doch hier war es leider so, dass die Kapitel der Leseprobe (wundersame Empfängnis und Rettung der Pizza) der Teil des Buches waren, der mich angesprochen hat.

Den Schreibstil würde ich als eher klassisch bezeichnen. Dabei immer mit einem leichten Augenzwinkern (was im Verlaufe des Buches nicht mehr so locker gelingt wie zu Beginn). Ungewöhnlicher Stil für ein neues Buch, doch sehr passend für die Zeit, in der die Geschichte beginnt.

Das ganze Buch lässt sich flüssig lesen, die Seiten sind nur so an mir vorbei geflogen. Das fand ich positiv.

Es gibt zwei Erzählstränge, einer beginnt in der Zeit des 1. Weltkrieges, in dem wir erfahren, wie Laibl Goldenhirsch auf wundersame Weise Vater wird, obwohl er doch im Krieg war. An seinem Sohn Mosche hat er jedoch nicht lange Freude, denn nach dem Tod der Mutter brennt er mit einem Zirkus durch. Mosche hat sich in die Zauberei und die Assistentin des Zauberers verliebt. War die Stimmung vorher in Prag deprimierend mit dem Tod der Mutter, dem Leiden des leiblichen Vaters, den Streitigkeiten zwischen Mosche und Laibl, beginnt nun in der Welt des Zauber-Zirkus ein Leben aus Lug und (Selbst)Betrug. Alles dreht sich nur im ihn und seinen Egoismus. Seine "Mithilfe" bei der Suche nach dem Kindermörder fand ich unmöglich selbstsüchtig.

Im zweiten Erzählstrang, zur heutigen Zeit in Los Angeles, geht es um den Jungen Max, dessen Eltern sich scheiden lassen wollen und der sehr unter der Trennung seiner Eltern leidet, zumal diese auch nicht mit ihrer veränderten Lebenssituation zurecht kommen und somit Max keinerlei Halt geben können. Da entdeckt Max auf der Schallplatte des "Großen Zabbatini" einen Liebeszauber und in seiner Verzweiflung macht er sich auf die Suche nach dem Zauberer, denn dieser soll seine Eltern wieder zusammenbringen. Der Erzählstrang mit Max hat mir soweit noch ganz gut gefallen.
Doch dann trifft er auf den "Großen Zabbatini", Mosche, und der Junge muss schon sehr verzweifelt sein, dass er nicht sofort das Weite sucht. Ich finde ihn ehrlich gesagt abstoßend. Liegt vielleicht daran, dass ich eine LeserIN bin - und Mutter. Nicht nur, dass der 88Jährige dem 10Jährigen von Titten und Strip-Clubs vorschwärmt, ihn im Lokal auf der Rechnung sitzen lässt und ihn Alkohol kaufen schicken will. Als Max ihn heimlich einquartiert, hat Mosche nicht besseres zu tun als die Unterhose von Max' Mutter aus der Schmutzwäsche zu nehmen und diese quasi zu inhalieren. Iiiih! Alles weitere wehrt die Mutter erfolgreich mit der Bratpfanne ab.
Jedoch viel geschmackloser fand ich z.B. die Vergleiche zwischen Auschwitz und Mickey's Pizza Place. Sollte das witzig sein? Vielleicht bin ich da zu zart besaitet, aber das hat mich sehr unangenehm berührt. Definitiv nicht mein Humor.

Wie der "Trick" den Kreis schließt und über Max' Oma die Verbindung zu Mosche hergestellt wird, so dass Mosche bei seinem Ableben nicht einsam und verlassen ist, fand ich gelungen. Am Ende gibt es auch ein paar Rührungstränchen. Das kann mich aber nicht über die mir unsympathische Hauptfigur Mosche und die durch das ganze Buch bestehende melancholisch-bittere Stimmung hinweg trösten.

Was ich aber aus dem Buch mitnehme, ist der Satz "Allein schon da zu sein, allein schon zu leben, ist ein Gebet.".
Dafür und für den Sprachstil vergebe ich meine Sterne.
Es ist allerdings kein Buch, das ich noch einmal lesen oder weiter empfehlen werde. Mein Fall war das Buch leider nicht.