Rezension

Der Wert von Freundschaft

Ein Geschenk der Götter - Simone Dorra, Ingrid Zellner

Ein Geschenk der Götter
von Simone Dorra Ingrid Zellner

Bewertet mit 5 Sternen

„...Ich weiß nur eines: Von selbst kommt der Frieden nicht. Es sind die Menschen, die ihn bringen müssen. Aber dazu müssen wir als Erstes den Frieden in uns selbst finden...“

 

Raja erinnert sich an das Gespräch der Nacht. Damit erhalte ich als Leser sofort eine kurze, aber inhaltsreiche Zusammenfassung des vorhergehenden Bandes der Kashmir-Saga, denn darin ging es vor allem um Rajas vergangenes Leben..

An diesem Tag wird Raja zu seiner Familie zurückkehren. Es ist eine Freundschaft entstanden, die sich in der kommenden Zeit bewähren wird.

Die Autorinnen haben erneut eine abwechslungsreiche und tiefgreifende Geschichte erzählt, die im indischen Kashmir spielt.

Im Mittelpunkt steht Vikram. Der einstige Geheimagent der indischen Armee hat ein Waisenhaus für zehn Kinder gegründet, dass er mit seiner Frau Sameera leitet. Im letzten Teil der Reihe kam Raja dazu, als der Bus mit den Kindern eine Panne hatte und half. Danach wurde er ins Haus des Friedens, so heißt das Waisenhaus, eingeladen. Die Herzen der Kinder flogen ihm sofort zu.

Der Schriftstil ist ausgereift und lässt sich angenehm lesen. Nach und nach erfahre ich mehr über Vikrams und Sameeras Vergangenheit. Das ist eingebettet in das alltägliche Leben. Das Besondere an ihrer Geschichte ist, dass Sameera aus Irland stammt und Katholikin ist. Vikram ist Hindu und die Kinder sind Moslems. Sameera und Vikram beweisen also gelebte Toleranz.

Ich darf Sameera zum Einkaufen begleiten, erlebe die Vorfreude auf den erwarteten Besuch von Raja und seiner Frau Sita zu Weihnachten, aber auch die behutsamen Versuche von Vikram, sich Raja im gleichen Maße zu öffnen, wie jener es getan hat.

Deutlich wird, dass nicht nur die Kinder, sondern auch die Mitarbeiter herbe Schicksalsschläge hinter sich haben. Obwohl Sameera Traumatherapeutin ist, gelingt es erst Raja, von Moussa die gesamte Lebensgeschichte zu erfahren. Obiges Zitat stammt aus dem Gespräch. Doch das ist nicht das einzige Lebensschicksal, welches erzählt wird.

Gleichzeitig wird im Buch deutlich, dass der Kashmir eine unruhige Gegend ist. Alte Feindschaften und Konflikte schlummern unter der Oberfläche. Dadurch gerät Vikram in akute Lebensgefahr.

Sehr eindrucksvoll werden die tiefen psychischen Probleme wiedergegeben. Sie zeigen sich weniger durch Worte, mehr durch das Handeln der Protagonisten. Lang gepflegte Rachegedanken stehen neben uneigennütziger Hilfsbereitschaft.

Ab und an ermöglicht mir das Geschehen einen Blick in die Schönheit der Landschaft.

 

„...Kashmir begrüßte seine Besuche mit allen Naturwundern, die es zu bieten hatte: weiße, in der Sonne funkelnde Flächen, die sanft in wogende, mit Zedern bewachsene Hügel und dann in gewaltige Gipfel übergingen, die sich spektakulär gegen eine fast kobaltblauen Himmel abhoben...“

 

Es sind die persönlichen Geschichten, die dazu führen, dass ich das Buch nur schwer aus der Hand legen konnte. Jede ist anders, jede ist besonders und jede hat ganz eigene Wunden zurückgelassen. Ich vermute, dass speziell Vikram nicht das letzte Mal mit seiner Vergangenheit konfrontiert wurde. Auch die Vater- Sohn – Konflikte waren heftig.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es lässt sich nicht in wenigen Worten zusammenfassen. Dazu ist es zu inhaltsreich und vielschichtig. Eines aber zeigt es: Wahre Freundschaft ist selbstlos und nicht nur auf gute Zeiten beschränkt.

Ein Wort, dass Vikrams Vater seinen Sohn mit auf den Weg gegeben hat, möge die Rezension beschließen:

 

„...Wer sich entscheidet, das Schwert in die Hand zu nehmen, wird sich irgendwann an der Klinge schneiden...“