Rezension

Der Witwer

Die Angehörigen - Katharine Dion

Die Angehörigen
von Katharine Dion

Bewertet mit 3 Sternen

Auf dem Buchrücken steht: „Dieses klug durchdachte Familiendrama ist ein Juwel.“ Das macht schon mal neugierig. Doch leider scheint nach einigen Seiten die Luft raus zu sein. Beschrieben wird das eigentlich langweilige Leben eines Rentners nach dem plötzlichen Tod seiner Frau, mit der er 49 Jahre verheiratet war. Während er versucht, einen Nachruf für die Trauerfeier zu verfassen, holen Gene zahlreiche Erinnerungen ein, die er nicht in Worte zu fassen vermag. Seine Tochter Dary ist da um einiges tatkräftiger. Sie versucht ihren Vater wieder in die Spur zu bringen.

„Er wusste noch immer nicht, wie er den Nachruf formulieren sollte. Einerseits waren da seine wirren persönlichen Gefühle, andererseits war der Nachruf für die Öffentlichkeit gedacht und verlangte die kluge Raffung eines ganzen Lebens, als eine Kohärenz, die seinen Gefühlen nicht entsprach.“ (Seite 78).

Das Buch ist in drei Teile gegliedert: Im ersten kämpft Gene um Eingebungen für die Trauerfeier, im zweiten Teil erfahren wir von seinem Leben danach und wie er glaubt, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Erst im dritten Teil verarbeitet er seinen Verlust und findet wieder zu sich selbst. Dieser dritte Teil gefiel mir am besten, weil er Ruhe ausstrahlt. Gene ist zwar allein, kommt mir aber nicht einsam vor. Auf sich selbst zurückgeworfen liest er Tolstois Anna Karenina und denkt über sein Leben mit Maida nach.

„Er war jemand, der für sein Leben etwas ersehnt hatte, das er nicht verstand. Er verstand die Liebe nicht. Er hatte zeitlebens versucht, sich anständig und korrekt zu verhalten, dies in dem Glauben, man würde ihn dafür lieben.“

Auch wenn mich der Anfang des Buches nicht sonderlich ansprach, war ich froh, bis zum Ende durchgehalten zu haben. Denn der noch jungen Autorin ist es erstaunlich gut gelungen, in ihrem Debutroman die Gedanken eines alternden Mannes in Worte zu fassen.