Rezension

Die Abschlussklasse von 1957

Die Welt war so groß - Rona Jaffe

Die Welt war so groß
von Rona Jaffe

Bewertet mit 3.5 Sternen

Das College war ein Lebensabschnitt, da ging man hin, um was zu lernen, einen Mann zu finden, und dann kehrte man zum Ernst des Lebens zurück.

Erst Zimmernachbarinnen ~ dann Freundinnen
Emily, Daphne, Annabel und Chris lernen sich gleich in den ersten Tagen auf dem College kennen und obwohl sie unterschiedlicher nicht sein können, werden sie schnell Freundinnen. Doch damals war die Welt für Frauen noch sehr eng. Wer gegen die rigiden Moralvorstellungen verstieß, wurde mit Verachtung und Ausgrenzung bestraft. Auch aus dem Wunsch Ärztin zu werden, machte man ganz schnell ein Sozialkundestudium, mit dem man ja später Teilzeit in der Fürsorge arbeiten könne.
Beim Klassentreffen 20 Jahre später, stellt sich jede die Frage: Habe ich die richtige Entscheidung getroffen? Haben es die Anderen besser gemacht? Es hätte immer auch andere Möglichkeiten gegeben.....

~ * ~ * ~*
Der Roman, der 2005 verstorbenen Autorin Rona Jaffe, stammt aus dem Jahr 1979 und wurde bereits 1981 unter dem Titel "Die Schulfreundinnen. Ein Klassentreffen nach zwanzig Jahren" veröffentlicht. "Die Welt war so groß" ist allerdings nicht nur ein ansprechenderer, sondern auch sehr viel passenderer Titel, denn das Klassentreffen nimmt nur einen sehr geringen Part am Ende ein. 
Rona Jaffe fängt aus meiner Sicht, die Moralvorstellungen der damaligen Zeit und das strenge Korsett der Frau perfekt ein. Dafür hat sie auch ihre Charaktere geschickt gewählt. Mit der Mischung aus liebenswürdig und jüdisch, lebenslustig und draufgängerisch, zurückhaltend und zynisch, bildhübsch und krank, deckt sie bei den Mädels ein genauso breites Spektrum ab, wie bei den Jungs. Und das wirkt weder gewollt noch überfrachtet, sondern ganz natürlich.

Erzählt wird abwechselnd aus der Sicht von Emily, Daphne, Annabel und Chris - sehr flüssig, interessant, aber sprachlich etwas distanziert. Man erfährt viel über ihre Gefühle, Sehnsüchte, Träume und Enttäuschungen, doch so richtig nahe gekommen bin ich keiner.

Dennoch hat mich ihre Geschichte gefesselt - es war wie eine doppelte Zeitreise, in die 50/60iger des Buches und in das Entstehungsjahr, den späten 70igern.