Rezension

Die Ambivalenz einer Rezensentin

Rezept zum Mord -

Rezept zum Mord
von Eduard-Florian Reisigl

Die Geschichte:

Christof Weinkeiler ist ein Sternekoch aus Östereich, der ins Elsass umgesiedelt ist, um dort eine Kochschule zu eröffnen. Doch irgendwie scheint er Leichen anzuziehen. Bei einem Ausflug ins Naturschutzgebiet Grand Ried, wo er frischen Bärlauch sammeln will, stolpert er förmlich über einen Toten. Bis die alarmierte Polizei, die er am Parkplatz abholt und zum Tatort lotst, vor Ort ist, ist die Leiche jedoch verschwunden. Dafür trifft er nachts auf der Straße eine orientierungslose junge Frau, die an Amnesie leidet und die er vorläufig bei Freunden unterbringt.

Mein Eindruck:

Man nehme ein bisschen Kochbuch, etwas Reiseführer und eine Prise Krimi – so könnte man die Geschichte, die Eduard-Florian Resigl zusammenfassen. Was es mir aber auch schwer macht, das Buch zu bewerten. Einerseits erfährt man viel über das Elsass, die Kultur, die Geschichte, die Region, die Mentalität und die Küche, wobei der Autor, der tatsächlich Koch ist, viele Rezepte verrät und am Ende des Buches nochmal zusammengefasst freigibt. Andererseits aber soll das ein Krimi sein. Und da sind mir manche Passagen einfach zu langatmig. Mir fehlt die Spannung. Irgendwie findet der Krimipart nur nebensächlich statt.

Die Charaktere sind sehr eigenwillig und keinesfalls aus einem Einheitsbreiguss, was mir wieder gefällt. Auch wenn ich nicht jeden der einzelnen Typen mochte. Sympathisch ist die Hauptfigur Christof Weinkeiler. Er ist äußerst gastfreundlich, verwöhnt seine Gäste – ganz gleich ob eingeladen oder überraschend eingetrudelt – mit kulinarischen Köstlichkeiten. Problemlösungen sucht er im Gespräch, Streit geht er möglichst aus dem Weg. Typisch ist der Aperitif, den es vor jeder Mahlzeit gibt. Was mich irritiert hat sind die Freunde und Nachbarn, die jederzeit bei Christof einfallen und erwarten, von ihm verköstigt zu werden. Der Dorfpolizist, der in dem Fall ermittelt ist ein sonderbarer Kauz. Einerseits möchte er, dass Christof sich aus den Ermittlungen raushält, andererseits verrät er ihm Ermittlungsergebnisse und bittet um seine Hilfe.

Der Mordfall selbst ist meiner Meinung nach ein bisschen sehr konstruiert. Da dürfte sich der Autor noch etwas mehr an Feinheiten einfallen lassen. Vielleicht den Mord und die Lösung im Vorfeld der Arbeit schon skizzieren und sich überlegen, ob der Plot halbwegs realistisch erscheint. Im Gegensatz zu den Hardcore-Thrillern, bei denen es ruhig etwas überzogen sein darf, sollte die Tat bei einem derart gemütlichen Tempo umso realistischer sein. Zumal die Rahmenhandlung gemütlich angelegt ist und die beschriebene Region tatsächlich so existiert.

Ich lebe im Prinzip genau gegenüber des Schauplatzes auf der deutschen Rheinseite und bin oft im Elsass unterwegs. Beispielsweise auf einem der unzähligen sonntäglichen Flohmärkte. Von daher kenne ich mich in der Region recht gut aus und kann die Charakterisierung der Bevölkerung nur bestätigen. Sowohl das gemütlich Freundliche als auch das Ablehnende, das Deutsche und Deutschsprachige – allerdings nur noch selten - erleben können. Auch der obligatorische Aperitif und das gemeinschaftliche Essen in großer Runde, das man sogar auf den Flohmärkten beobachten kann, gehören zum elsässischen aber auch französischen Lebensstil.

Dafür stören mich unlogische Abläufe. In einem Fall ist es beispielsweise fast Mitternacht, im weiteren Zeitverlauf ist es knapp fünf Minuten später, gleichzeitig aber zwei Stunden zu früh, um in einen Geburtstag hinein zu feiern – also erst 22 Uhr. In einem anderen Fall fährt Christof von Marckolsheim ins Grand Ried und, nachdem die Polizei ihn vom Tatort entlässt, startet er nach Hause in Richtung Straßburg. Straßburg liegt aber nördlich des Tatorts, Marckolsheim südlich, beide Städte sind rund 60 Kilometer voneinander entfernt. Er hätte also in Richtung Süden nach Marckolsheim fahren müssen. Und das im Buch genannte „Nachbardorf“ Sand liegt tatsächlich 30 Kilometer von Marckolsheim entfernt. So locker besiedelt ist das Elsass nun doch nicht, dass die Gemeinden so viel Abstand voneinander hätten.

Ich würde mir vom Autor und vom Lektorat wünschen, dass Fakten die nachprüfbar sind, wie beispielsweise die geografischen Gegebenheiten oder eben Zeitabläufe etwas genauer recherchiert bzw. überprüft werden.

Meine Leseempfehlung:

Für alle, die es gemütlich mögen ist der Elsass Krimi empfehlenswert. Schlaflose Nächte gibt es danach nicht. Obwohl mir die Spannung gefehlt hat, hat mich das Buch unterhalten. Der Schreibstil ist eingängig und – sieht man von den unlogischen Abläufen ab - gut zu lesen. Und wie gesagt: Man erfährt viel über Kultur, Geschichte und Küche der Region sowie die Mentalität der Elsässer. Von daher gibt es von mir dreieinhalb Sterne.