Rezension

Die andere Seite der Geschichte?

Die Penelopiade. Der Mythos von Penelope und Odysseus - Margaret Atwood

Die Penelopiade. Der Mythos von Penelope und Odysseus
von Margaret Atwood

Die Rezension bezieht sich auf die englische Originalausgabe.

Auf den ersten Blick ist The Penelopiad eine Nacherzählung des Mythos von Odysseus und Penelope. Aber wir sprechen hier von Margaret Atwood, weshalb das noch längst nicht alles sein kann. In dieser Version erzählt uns Penelope höchstpersönlich ihre Seite der Geschichte. Außerdem bekommt der Leser einen Eindruck von ihrer aktuellen Bleibe, dem Totenreich der griechischen Mythologie. Jetzt, nach ihrem Tod ist Penelope bereit über all die Geschehnisse zu reden, die ihr Leben während der Abwesenheit ihres Mannes zu einer solchen Herausforderung gemacht haben.

Wir erfahren mehr über die Verehrer, die in und vor ihrem Palast kampierten und nebenbei mal eben den Inhalt der Vorratskammern dezimierten. Außerdem lernen wir sehr viel über Penelope selbst, ihre Beziehung zu Helena von Troja (die beiden waren wohl nicht das, was man landläufig beste Freundinnen nennt) und zu den sagenumwobenen zwölf Mägden, die am Ende so grausam bestraft wurden.

Und genau diese Mägde nehmen in der Erzählung eine prominente Rolle ein. So wird Penelopes Bericht immer wieder von “Aufführungen” der Mägde unterbrochen; sie singen Lieder oder spielen Theater. Diese kurzen Einschübe bringen den Leser unweigerlich dazu an Penelopes Aussagen zu Zweifeln und die Beziehung und Bedeutung der zwölf Dienerinnen zu hinterfragen.

Muss man die Geschichte von Odysseus und Penelope kennen um Atwoods Version verstehen zu können? Ja, es kann zumindest nicht schaden. Das heißt aber nicht, dass man nun zuerst losgehen und sich Homers Odyssee beschaffen muss. Eine allgemeine Kenntnis der Geschichte und vielleicht ein bisschen Wissen über griechische Mythologie reichen aus um Atwoods Sicht der Dinge und ihre (teilweise sehr feministischen)Theorien über Penelope und ihre zwölf Mägde verstehen zu können.