Rezension

Die Angst vor Veränderung

Milchzähne - Helene Bukowski

Milchzähne
von Helene Bukowski

Bewertet mit 4 Sternen

Skalde lebt zusammen mit ihrer Mutter Edith in einer abgeschotteten Welt, die Brücke zur Außenwelt wurde schon vor vielen Jahren gesprengt. Die Anwohner grenzten sich ab von der Welt, denn durch die Klimaveränderungen wurde die umliegende Gegend immer unbewohnbarer und gefährlicher. Auch Edith kommt von draußen, weswegen die Bewohner sie und ihre Tochter Skalde nie wirklich akzeptierten sondern lediglich in ihrer Nähe dulden. Als Skalde plötzlich das rothaarige Mädchen Meisis im Wald findet und mit nach Hause nimmt, brechen die alten Vorurteile wieder durch und die Bewohner fordern die Auslieferung und Verbannung des kleinen Mädchens.

Ich musste mich zunächst etwas an den Schreibstil und den Aufbau des Buches gewöhnen. Alles ist recht kurz gehalten: Die Sätze, die Abschnitte und auch die Kapitel - oft endet ein Kapitel schon nach einer halben Seite. Trotz dem ungewohnten Aufbau findet man schnell in die Geschichte hinein und es fiel mir leicht mich an den Schreibstil etc. zu gewöhnen. Auch fand ich, dass die Charaktere trotz der Kürze sehr gut beschrieben wurden und man ausreichend erfährt. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase liest sich das Buch auch unglaublich flüssig - ich habe es an einem einzigen Sonntag gelesen. Etwas irritierend fand ich jedoch die kurzen Aufzeichnungen von Skalde. Sie sind sehr poetisch und nachdenklich, haben für mich jedoch nicht so recht ins Gesamtkonzept des Buches gepasst. Manchmal schienen sie mir auch etwas konfus.

Die Charaktere konnte ich mir sehr gut vorstellen. Skalde musste in ihrer Kindheit vieles alleine erleben/erlernen, einerseits durch die Ausgrenzung durch die anderen Kinder, andererseits durch die fehlende Unterstützung von Edith, die immer wieder depressive Phasen zu durchleben scheint, in denen sie sich komplett von der Außenwelt zurückzieht. Die Bewohner des Dorfes sind festgefahren in ihren Vorurteilen gegenüber Fremden und der Angst vor Veränderung. Einmal fragt Meisis Skalde "Wieso haben sie Angst vor mir?"und Skalde antwortet "Weil du nicht so bist wie sie". Das fasst die gesamte Situation und das Verhalten der Figuren zusammen. Wie auch in der Realität, fürchten sich die Leute vor allem, was ihre heile Welt bedrohen könnte, selbst, wenn es nur ein unschuldiges kleines Mädchen ist. Sie halten fest an ihrem Glauben und ihren Traditionen und jeder der davon abweicht wird ausgegrenzt und verurteilt. Festgemacht wird ihr Misstrauen hierbei wie so oft nur am Äußerlichen des Mädchens, da niemand sich die Mühe macht, sie wirklich kennen zu lernen. Sie sieht anders aus als der Rest, also muss sie automatisch für alles Unglück verantwortlich sein. Im Nachhinein finde ich auch, dass der ungewöhnliche Aufbau des Buches die deprimierende Stimmung noch besser zur Geltung bringt. Sehr interessant fand ich auch das Verhältnis von Skalde und ihrer Muter Edith. Sie fühlte sich in ihrer Kindheit oft zurückgewiesen und nun, da sie älter ist, fällt es ihr schwer, noch vernünftig mit Edith umzugehen. Auch hier wird die Stimmung sehr gut dargestellt.

Alles in allem ein gelungenes Buch, auch wenn ich lange nicht wusste, auf was alles hinauslaufen soll. Schreibstil und Inhalt haben mir sehr gefallen.