Rezension

Die Bedeutungslosigkeit des Todes

Thunderhead - Neal Shusterman

Thunderhead
von Neal Shusterman

Bewertet mit 5 Sternen

! ACHTUNG - ENTHÄLT SPOILER ZUM VORGÄNGER !

Dieser Teil geht weitaus mehr auf den Thunderhead ein, was sich allein schon darin bemerkbar macht, dass die kurzen Passagen zwischen den Kapitel Auszügen aus seinen ... Gedanken darstellt. Das Thunderhead sieht sich auf der Seite der Menschen und gerade auch auf Citras Seite. Durch die Regeln darf es nicht in die Angelegenheiten der Scythe eingreifen, auch wenn es weitaus informierter ist als die Charaktere, sodass es nach Möglichkeiten sucht, das Gesetz zu umgehen.
Ich fand all das gerade auch aus ethischer Sicht ziemlich interessant. Es werden Fragen hierzu aufgeworfen, und ich bin auf jeden Fall gespannt darauf, wie sich das in dem Abschlussband weiter entwickelt.

Aber auch die Angelegenheiten der Scythes sind natürlich ein Thema, ihre Politik, vor allem aber die wachsende Spaltung zwischen denen, die nach den alten Prinzipien leben, und denen, die Freude am Töten entwickeln. Auch hier finde ich die damit verbundenen aufgeworfenen moralischen Fragen sehr interessant. Umgekehrt stellt sich bei den Scythes auch die Frage des Machtmissbrauchs und wie der unterbunden werden kann.

Citra und Rowan sind mittlerweile zwei Jahre älter als zu Beginn des ersten Bandes und doch sind sie damit erst 18. Nichtsdestotrotz wirkten beide weitaus älter auf mich, was angesichts der Ereignisse auch durchaus nachvollziehbar ist. Ich fand es beeindruckend, wie diese die beiden geprägt haben, wie sich beide weiterentwickelt haben. Sie haben nur noch wenig mit den eher unsicheren Teenagern gemein, sondern sind selbstsicherer, selbstbewusster und wissen, was sie wollen.

Ich fand es interessant, wie es bei Citra den Kontrast zwischen ihrer Identität als Citra und als Scythe Anastasia gibt, und wie dies auch durch die Nutzung durch den Erzähler ausgedrückt wird. Sie hat ihre ganze eigene Methode des Gleanings gefunden, die ich ziemlich faszinierend fand. Auf der anderen Seite steht Rowan, der ebenfalls ein unheimlich faszinierender Charakter ist, nicht zuletzt, weil man sich auch als Leser*in nie so ganz sicher ist, was für ein Mensch er ist. Ich persönlich fand es jedenfalls nicht immer leicht, ihn einzuschätzen, obwohl ich ihn mögen wollte.

Darüber hinaus habe ich auch den Charakter von Scythe Curie mehr und mehr ins Herz geschlossen. Dadurch, dass auch von ihr ein tiefgründiges Bild einer Legende mit Reue, mit einer jungen Liebe, mit Ängsten und Sorgen gezeichnet wird, wird sie sehr greifbar, und ich mochte ihre Weisheit und Gelassenheit.

Was ich an der Reihe bisher auch mag, ist, wie wenig Raum die Liebesgeschichte einnimmt. Natürlich kann man umgekehrt auch kritisieren, dass diese nur beiläufig stattfindet, dass große Gefühle, Drama, all das abwesend sind. Vermutlich steht das auch in Verbindung mit dem Schreibstil, der die Ereignisse nicht wirklich emotional, sondern schlicht und wertfrei darstellt, logisch, kalkulierend, und die Charaktere in erster Linie in den Dialogen sprechen lässt.

Ich habe festgestellt, dass dieses Buch unheimlich süchtig gemacht hat. Ich wollte eigentlich nur ein Stündchen lesen, aber ich konnte einfach nicht aufhören, ich war gefesselt, wollte weiterlesen, ich hing an den Seiten. Und dieses Ende. Und überhaupt, ich habe nicht das Gefühl, dass die Handlung vorhersehbar ist, im Gegenteil. Der Autor wusste mich immer wieder zu überraschen und zu schockieren, sodass ich jetzt dem Abschluss entgegensehne und gespannt darauf bin, wie diese Trilogie endet.

Fazit: Eine gelungene, sehr fesselnde und spannende Fortsetzung voller Plottwists, die moralische Fragen aufwirft und die sich auch weiterhin durch äußerst vielschichtige und tiefgründige Charaktere mit Entwicklung auszeichnet, die mir teilweise sehr ans Herz wuchsen. Gleichzeitig nimmt die Liebesgeschichte eher wenig Raum ein, während sich die Handlung mehr auf die Konflikte im Scythedom konzentriert.