Rezension

Die bewegende Lebensgeschichte der Doris Alm

Das rote Adressbuch - Sofia Lundberg

Das rote Adressbuch
von Sofia Lundberg

Bewertet mit 5 Sternen

Die bewegende Lebensgeschichte der Doris Alm

Doris ist inzwischen 96 Jahre alt und weiß genau, ihre Tage auf dieser Welt sind gezählt. Doch immer, wenn sie ihr Adressbuch aufschlägt, rinnen Erinnerungen durch ihre Gedanken. Erinnerungen, die sich nicht aufgeben möchte. Erinnerungen, die sie an ihre Großnichte Jenny weitergeben möchte. Deshalb schreibt Doris alles auf, was sie auf ihrem Lebensweg erlebt hat. Eine große Liebe, neue Freundschaften und gefährliche Situationen. Ein Weg, der sie bis an ihre Grenzen geführt hat.

Sofia Lundberg erzählt mit ihrem Roman „Das rote Adressbuch“ eine sehr bewegende Geschichte. Es ist eine Mischung aus Reise in die Vergangenheit und der Gegenwart. Eine gelungene Interpretation von Historie und Drama, was dieses Werk so unglaublich fesselnd und mitreißend macht!

Doris ist die Hauptfigur in dieser Geschichte.
Sie ist 96 Jahre alt und weiß, dass sie nicht mehr lange zu leben hat. Sie ist einsam, alt und gebrechlich. Pflegerinnen helfen ihr durch den Tag, ihre Freunde sind bereits alle verstorben, nur ihre Großnichte erinnert sie an die Familie. Doch sie wohnt in Amerika, während Doris in Stockholm lebt. Sie skypen täglich, dennoch plagt sie die Einsamkeit.
Damit ihre Geschichte nicht mit ihrem Tod stirbt, schreibt sie für Jenny ihre Erlebnisse auf und erzählt von ihrer Kindheit, von ihrer Jugend und ihrem Leben danach. Sie nimmt den Leser mit in eine unbekannte Welt, voller Angst, Sorgen und Armut. Aber auch in eine Welt voller Hoffnungen und Zuversicht. Als sie selbst noch an das große Leben und die Liebe glaubte.

In abwechselnden Phasen beschreibt Sofia Lundberg die Gegenwart aus Sicht des Erzählers und die Vergangenheit aus Doris Blickwinkel. Dabei nutzt sie eine chronologische Reihenfolge und eine lebendige und ausdrucksstarke Erzählweise. Es ist einfach, sie die Erlebnisse vorzustellen und zu Doris einen gelungenen Bezug aufzubauen. Besonders interessant ist es mitzuerleben, wie traurig ihr Leben zum Ende hin geworden ist, während sie als junges Mädchen noch so viele Träume hatte. Es ist fast schon melancholisch mitzuverfolgen, wie sich Doris auf ihr Ende freut. Sie will endlich alle wiedersehen und hofft auf eine große Feier.

Während ihrer Erzählungen wird ebenfalls deutlich, wie aufregend das Leben zwischen den Jahren von 1928 bis in die 1960er Jahre hinein gewesen sind. Besonders für Frauen, die zwischen den Ländern leben und sich auf waghalsige Reisen begeben. Doris Weg führt von Stockholm über Paris nach New York, dann zurück nach London und Stockholm. Doch ihr Herz ist auf Reisen geblieben.

Eine großartige Geschichte,
die mich nachdenklich gestimmt hat

Mein persönliches Fazit:
Es ist schon merkwürdig. Während wir in unserer eigenen Gegenwart verweilen, denken wir viel zu selten an die Erlebnisse, die unsere Eltern und Großeltern durchgemacht haben. Im Hier und Jetzt ist alles so einfach, doch damals waren die Tage wesentlich schwerer und härter. Es gab kein Handy, es gab kein Flugzeug, es gab nur wenig Luxus. Vielleicht hat Doris mich gerade deshalb so bewegt, weil sie eine schwere Zeit hinter sich hat und mich durch ihre teilweise traurigen und erschreckenden Erlebnisse begeistert hat. Zusätzlich finde ich das Ende super gelungen, denn auch für Doris gibt es zum Schluss noch ein kleines Happy End. Das hat mich richtig gefreut, denn die alte Dame hat es richtig verdient.
Da mich die Geschichte in so vielen verschiedenen Bereichen glücklich gestimmt hat, bin ich froh, dass ich Doris Lebensweg mitverfolgen konnte. Vielleicht sollten wir tatsächlich öfters mal anhalten und uns die Erzählungen unserer Verwandten und Freunde anhören, die auf eine aufregende Zeit zurückblicken. Von mir gibt es eine große Leseempfehlung!