Rezension

Die Beziehung einer Mutter und Tochter über die Trennung hinweg

Das Mädchen, das rückwärts ging
von Kate Hamer

Bewertet mit 3 Sternen

Charaktere:
Carmel ist etwas Besonderes. Die 8-Jährige ist oft in ihren eigenen Gedanken vertieft, währenddessen sie niemand stören sollte. Auch die Lehrkräfte beschreiben sie als verträumt und intelligenter als andere Kinder ihres Alters. Ob sie wirklich autistisch ist, wurde nie erwähnt, aber so in etwa kann man sich ihr Wesen vorstellen.
Carmels Mutter Beth hat sich von deren Vater getrennt und versucht alles, Carmel weiterhin eine schöne Kindheit zu bieten. Ab und zu ist sie etwas zu fürsorglich und klammernd, aber alles in allem ist sie Carmel eine echt gute Mutter.

 

Meine Meinung:
Am Anfang begegnet der Leser Carmel und ihrer Mutter. Man erfährt, wie die beiden leben und von ihren gemeinsamen Unternehmungen. Nach einigen Kapiteln wird Carmel dann entführt.

Was mich anfangs total überrascht hat war, dass die Geschichte abwechselnd aus der Sicht (Ich-Perspektive) von Carmel und ihrer Mutter Beth erzählt wurde. Dann weiß man doch gleich, was mit Carmel geschehen ist. Kommt da noch Spannung auf? Ja, kommt es trotzdem. Denn wir erleben die Entführung aus der Sicht von Carmel, die lange nicht weiß, warum sie entführt wurde und viele Informationen nicht erfährt oder miteinander verbinden kann. Währenddessen erlebt der Leser, wie es ihrer Mutter Beth ergeht. Anfangs ist sie total am Boden zerstört, dann macht sie lange Spaziergänge um Carmel zu suchen und hat Albträume, in denen sie ihre Tochter immer wieder sieht. Kate Hamer hat die Verzweiflung und den Schmerz von Beth wirklich gut dargestellt. Auch ihre Entwicklung viele Jahre nach dem Verschwinden von Carmel war überzeugend.

Der Schreibstil war sehr flüssig zu lesen. Auch wenn mal kurz nichts überaus Spannendes geschieht, hat man trotzdem Lust weiterzulesen und immer mehr in die  Geschichte einzutauchen. Kate Hamer kann auch gut die Protagonisten darstellen. Am Anfang jeden Kapitels ist nicht vermerkt, ob nun Carmel oder ihre Mutter Beth die Geschichte schildert, aber dies fehlt überhaupt nicht, weil die Autorin alleine durch den Schreibstil und der Gedanken der beiden zeigen kann, wer die Geschehnisse nun beschreibt. Besonders bei Carmel gibt es viele verquere Gedanken, kurze Sätze, heftige Gefühle und einfache Beschreibungen von Szenen.

Sehr schade war jedoch, dass nicht auf ein bestimmtes Detail weiter eingegangen wurde. Dass der Arche-Verlag mit der Wahl des Titels „Das Mädchen, das rückwärts ging“ auf die Träume von Beth eingeht, war sehr geschickt. Leider wird in den ersten Kapiteln nur angedeutet, dass Carmel in den späteren Träumen ihrer Mutter immer rückwärts läuft, aber als diese sie wirklich träumt, nie mehr beschrieben.

Das Ende war mir zu plötzlich und zu kurz. Zwar war es ein angenehmer Abschluss der Geschichte, aber ein Kapitel oder wenigstens einige Seiten mehr hätten mir besser gefallen. Hier wurde leider so vieles außer Acht gelassen, als hätte die Autorin keine Lust mehr daran zu schreiben.

 

Fazit:
„Das Mädchen, das rückwärts ging“ hat einem sehr angenehmen und super angepassten Schreibstil an Carmels und Beths Gefühle. Der Leser fragt sich warum die Entführung geschehen ist und was die Protagonisten erleben werden. Das Ende ist zwar passend, aber viel zu kurz abgehandelt. Viele Fragen bleiben offen, doch durch wenige Seiten mehr hätte man dem Leser Befriedung statt Enttäuschung geben können.