Rezension

die bibel - was wirklich geschah

Kain - José Saramago

Kain
von Jose Saramago

Bewertet mit 4.5 Sternen

Kain, der allseits bekannte biblische Brudermörder wurde von Gott damit bestraft, auf der Welt umher zu wandeln als Ausgestoßener. Und das macht Kain auch und schlendert auf seinen dem Odysseus gleichen Irrwegen an allerlei anderen, biblischen Gegebenheiten vorbei und nimmt sich das Recht heraus, eben diese zu bewerten. Er kommt zu dem Schluss, dass Gott böse, gemein, selbstherrlich, rachsüchtig und sowieso alles andere als "lieb" ist. Gott ist hier natürlich anderer Meinung.

Es war viel zu schnell zu ende, das spannenden und witzige Büchlein von José Saramago. In herrlicher Art lässt der Autor seinen Protagonisten logische Schlüsse aus den Geschehnissen um sich herum ziehen. Und eben diese kritischen Fragen und Schlüsse würden in anderen Religionsgemeinschaften sicherlich sofort und ohne Erbarmen eine Fatwa nach sich ziehen. Hier bei „Kain“ darf man allerdings fragen und kritisieren und das ist meiner Meinung nach (und bestimmt auch derer von Herrn Saramago) auch gut so.

Im Gegensatz zu Christopher Moore, der ja in seiner "Bibel nach Biff" ähnlichen Schabernack mit dem neuen Testament treibt wie "Kain" im "alten", hat Saramago zwar immer ein Augenzwinkern übrig, lässt die Geschichte aber niemals ins Absurde abgleiten. Im Gegenteil ist eben der Protagonist das kritische Gegenstück zu aller himmlischen Inkonsequenz. Lediglich das Ende des Buches ist ein wenig unbefriedigend da es zu schnell, zu überraschend und zu "kurz" kommt. Aber gut, damit lässt sich leben.

Gott ist allmächtig und einfach Gott. Aber, ob eben dieser auch tatsächlich "lieb" ist, bleibt mit Saramagos Augen eher sehr kritisch zu sehen.

4,5