Rezension

Die bleierne Schwere einer altgewordenen Ehe

Der Brand -

Der Brand
von Daniela Krien

Bewertet mit 3 Sternen

Daniela Krien glänzt mit einer lockeren Schreib- und Ausdrucksweise, die einen niveauvoll, aber unauffällig durchs Buch treibt und dabei das Ambiente, sowie die Situationen und Gefühlswelten der Protagonisten nachvollziehbar macht. Dabei liest sich „Der Brand“ fast wie von selbst. Die Handlung ist eher schlicht, es passiert nichts Dramatisches, das Buch ist aber dennoch nicht langweilig.

Nach beinahe dreißig gemeinsamen Jahren haben Rahel (49, Psychologin) und Peter (55, Literaturprofessor) die Nähe zu einander verloren. Als die befreundete siebzigjährige Ruth sie bittet ihren Gutshof in der Uckermark samt Tieren für drei Wochen zu versorgen, weil sie mit ihrem schwerkranken Mann zur Reha muss, sagen sie zu. Plötzlich sind sie zurückgeworfen auf sich selbst und auf die Gesellschaft des anderen. Ganz allmählich und eher zögerlich kommen Wut und Hilflosigkeit, aber auch Unausgesprochenes und Verdrängtes zutage. Der Leser bekommt einen Eindruck, was im Laufe der Jahre entscheidendes zwischen den beiden vorgefallen ist, aber die Beziehung wirkt dabei nicht völlig aussichtslos, jedoch sehr zerbrechlich. 

Die Geschichte ist nicht ungewöhnlich und wenn man selbst nicht bereits die bleierne Schwere einer altgewordenen Ehe erlebt hat, so kennt man dies doch bereits aus dem Umfeld oder aus Erzählungen. „Was tun, wenn die Liebe älter wird?“ hat dabei als Rahmenhandlung durchaus Potential und bietet genug Stoff für einen ganzen Roman, wenn man es wagt genauer hinzusehen und auszuerzählen. Aber der Roman kratzt meist nur freundlich an der Oberfläche.

Viele Themen werden blitzlichthaft kurz beleuchtet ohne dabei wirklich in die Tiefe zu gehen. So dreht sich das Buch neben der Eheproblematik und Peters damit verbundener Verweigerung körperlicher Nähe, auch um Rahels schwieriges Verhältnis zu ihrer Tochter und ihrem eigenen Tochtersein. Zusätzlich ist das Buch gespickt mit aktuellen Themen, was in der Menge jedoch eher gewollt wirkt und den Eindruck erweckt, als arbeite die Autorin einen umfangreichen Themenkatalog ab. Das hat zur Folge, dass man viele interessante Allgemeinbetrachtungen und Stammtischsätze liest, denen ich als Leserin im ebenfalls mittleren Alter wohl auch meist zustimmen mag, die insgesamt jedoch eher oberflächlich bleiben.

Vieles plätschert einfach dahin und nach 272 Seiten ist das Buch plötzlich und irgendwie unerwartet zuende. Einigen der größeren aufgemachten Themen hätten sicherlich noch ein paar zusätzliche Seiten gut getan. Das hätte vielleicht dem Gefühl entgegengewirkt, dass dieser Roman nicht zuende erzählt worden ist. Auch wenn mir bewusst ist, dass sich für diese Art von Lebens-, beziehungsweise Liebesgeschichten nicht das ultimative Ende finden lässt, ohne dabei in Kitsch oder Pessimismus abzudriften, bleibt diese Momentaufnahme einer kriselnden Ehe doch eher unbefriedigend.