Rezension

Die Braut, die sich nicht traut - Roman über Selbstfindung und Freundschaft und keine (reine) Liebesgeschichte

Die kostbaren Momente des Glücks - Lucy Dillon

Die kostbaren Momente des Glücks
von Lucy Dillon

Bewertet mit 4 Sternen

Jeannie ist auf dem Weg zum Standesamt, als sie plötzlich Panik bekommt, ob es die richtige Entscheidung ist, ihren Verlobten Daniel zu heiraten. Die beiden haben sich über eine Partnerbörse kennengelernt und nach nur fünf Monaten hat ihr Daniel romantisch auf der Brooklyn Bridge in New York einen Heiratsantrag gemacht, den Jeanny euphorisch angenommen hat. 
Als Jeannie Dan kurz vor der Vermählung anruft, um die Hochzeit abzusagen, erreicht sie nur die Mailbox. Trauzeuge Owen teilt ihr anschließend mit, dass Dan von einem Bus erfasst wurde. Dan liegt nach dem Unfall im Koma und Jeannie besucht ihn jeden Tag mit einem schlechten Gewissen. Sie verschweigt ihre Zweifel über die Hochzeit und weiß nicht, was wird, wenn Dan aufwacht. 

Jeannie ist die Braut, die sich nicht traut. Doch bevor sie selbst die folgenschwere Entscheidung offenbaren und Hochzeit verhindern kann, kommt ihr das Schicksal zuvor. Dans komatöser Zustand ist dabei jedoch nicht die Lösung ihres Problems, denn sie quält sich mit Schuldgefühlen und kann Dan nun erst recht nicht verlassen. 
Auch wenn man sich natürlich fragen kann, wie man so kurz vor einer Hochzeit einen Rückzieher machen kann, ist Jeannies Gefühlschaos nachvollziehbar dargestellt. Sie und Dan kennen sich nur kurz und haben sich scheinbar nach der Verlobung ausschließlich mit Vorbereitungen für die Hochzeit beschäftigt, statt sich als Paar weiter kennenzulernen.  

Anders als erwartet handelt es sich bei "Die kostbaren Momente des Glücks" nicht um eine emotionale Liebesgeschichte einer unsicheren oder wankelmütigen Frau, sondern eine Geschichte über zwischenmenschliche Beziehungen und welche Wendungen ein Leben unerwartet nehmen kann.  

Deshalb beschränkt sich die Handlung auch nicht auf die Partnerschaft von Jeannie und Dan, sondern handelt auch von den Freundschaften, die Jeannie aufgrund des mit der Hochzeit verbundenen Umzugs in das Cottage in Longhampton neu schließt. Wer bereits Romane von Lucy Dillon gelesen hat, wird nicht überrascht sein, dass auch in diesem Roman Hunde eine Rolle spielen. Jeannie engagiert sich durch die Nähe zu Dans Arbeitgeber, einem Tierarzt, für ein Tierheim, kümmert sich um die Welpen und Hundemamas vor Ort und um Ideen für Spendeninitiativen. Ihre Gedanken kreisen sich aber weiterhin über ihr Beziehungsdilemma, bei dem sie es lange nicht wagt, ihre Verwirrung mit Freunden oder Verwandten zu teilen, aus Angst abgelehnt zu werden. Bei all ihren Ablenkungen um das Engagement für die Hunde, Hochzeitskleider, die gespendet werden und ihrer Passion als Musikerin stellt sich nicht nur für den Leser die Frage, ob Jeannie lediglich am Bund fürs Bund leben zweifelt oder aber ihre Liebe zu Dan in Frage stellt. 

Der Roman ist aus der Perspektive von Jeannie geschrieben, lässt aber dennoch Raum dafür, ihr Verhalten differenziert zu betrachten und gibt der Figur und dem Roman Tiefgang. Dabei bleibt es spannend zu erfahren, wie sich Jeannie aus ihrer misslichen Lage befreien kann und welche Auswirkungen ihre Entscheidung auf ihr neu begonnenes Leben in Longhampton hat, das so eng mit ihrer Beziehung zu Dan verbunden ist. 

Eine Erkenntnis in Bezug auf Dan gibt dem Roman eine Wende, die die Geschichte zu einem einfachen und schnellen Ende führt, jedoch im Vergleich zur bisherigen Erzählung enttäuschend simpel ist. 
Ich hatte eine andere Vorstellung von dem Roman, fand ihn aber dennoch unterhaltsam geschrieben und den Originaltitel "Unexpected Lessons in Love" treffender, als den für die deutsche Übersetzung.