Rezension

Die Canapés der Literatur

Das Licht der Dämonen - Angela Mackert

Das Licht der Dämonen
von Angela Mackert

Bewertet mit 3 Sternen

Lesekatzen-Special
TextLustVerlag - Monat Januar

Kaum eine (zwei) Woche alt das kleine 2015 und die meisten von uns sind schon wieder fleißig am arbeiten. Und ob in der Bahn, im Bus oder nach der Arbeit auf dem Sofa oder mit dem Krimi ins Bett - die Bibliophilen unter uns schaufeln sich ihre Minuten frei zum schmökern. Und auch alle die zur Ausbildung, Uni oder in der Schule unterwegs sind nutzen jede freie Minute - oder nicht? So wie ich früher, unterm Tisch das Buch im Buch? Aber das is schon manchmal wirklich unpraktisch, oder? Nicht nur in den Urlaub nehmen wir heutzutage lieber ein eBook mit statt drölfzig Wälzer die unser Gepäcklimit überschreiten. Der TextLustVerlag (wir stellten schon vor) hat sich da mal was überlegt…
Ich nenn’ sie mal die Canapés unter den Lektüren. Da ich, als geneigte Wälzer-Liebhaberin, ja schon 300-seitige Taschenbücher als Happen bezeichne, sind 3 Geschichten á 20 Seiten wohl das Mindestmaß an zusammenhängender Literatur und somit fachgerecht abzulegen unter Kurzgeschichten.

Da ich nun die Ehre und das Vergnügen habe, euch das erste Bändchen in der Reihe der ‚Kaffeepausengeschichten‘ vorzustellen, möchte ich einmal sagen, wie gut mir diese Idee gefällt. Denn ich lese nicht nur gern dicke Bücher, kurz fassen liegt mir auch gar nicht. Nichtsdestotrotz bin ich allerdings eine erklärte Freundin der Gattung ‚Novelle‘ (Kleist *schmacht*) und demnach habe ich mich unheimlich auf die Büchlein gefreut, die uns der Verlag zur Verfügung gestellt hat (also jeder von uns…). Für diese generöse Geste wollen wir uns mit unserer Aktion bedanken und euch die Pausen auf der Arbeit, der Uni und der Kurzstrecke zum Umsteigen zwischen A und C versüßen.

Zu Beginn meines Bändchens gab es eine kleine Einführung, die Kaffeepausengeschichten (ihr werdet noch sehen, dass es auch noch andere Themengeschichten gibt) sind interaktiv mit Aufgaben bestückt. Und dann geht’s auch schon los:

Die Nacht des Gargoyles
Kaffee: Check
Pausenlänge: Check
Zichte: Check
Beginn: 20:30
Ende: 20:45
Wo: bei meiner Mama im Wohnzimmer, nach Sonnenuntergang, zu kalt für Kirche oder gar Glockenturm
Ja, was hat es damit auf sich? Die Geschichte empfiehlt, im Dunklen in ner Kirche, evtl sogar mit Freunden gelesen zu werden und den Kaffee an passender Stelle zu trinken. Nun für das örtliche Ambiente war es mir zu kalt, aber das mit dem Kaffee ergab sich von selbst. Denn Protagonist ‚alter Mann‘ beginnt seinen Auftritt im Café gegenüber des Doms auf dem Protagonist ‚Gargoyle‘ der Dinge die da kommen mögen harrt. Die Nebenchars sind zu vernachlässigen. Die Geschichte hat drei Teile: Einleitung, Geschehen, Nachwort. Ersteres und Letzteres vom Gargoyle aus der ‚Ich‘ Perspektive in langlebiger Präsens. Die Handlung an sich im Präteritum - dieses Zusammenspiel gefiel mehr stilistisch sehr gut. Die Wirkung die diese Geschichte bei mir hinterließ war melancholisch, besinnlich und leider absolut abschreckend für den ersten Eindruck der ganzen Serie. Ich hatte nach dieser Keule an Aussage fast keine Lust mehr weiter zu lesen. Obwohl es recht schön gemacht war, dem alten Mann seinen Lebensabend mit einem schönen Engelsgleichen Rundflug zu versüßen.
Zentralaussage: „Alles für das du offen bist.“

Schnell also weiter zur zweiten Geschichte
Begegnung mit einem Vampir
Espresso: Check
Zichte: Check
Beginn: 13:45
Ende: 14:00
Wo: immernoch bei meiner Ma im Wohnzimmer, Mittagszeit, keine blutigen Sachen, nur Kekse, keine Höhlen, Tannen oder Moor
Ich rettete mich den Angaben möglichst nahe zu kommen damit, aus dem Fenster in den Wald zu schauen, da stand auch die ein oder andere Tanne dazwischen. Protagonisten sind der Vampir: Ekarius und der Mensch: Stefan. Und diese Geschichte gefiel mir auch gleich schon um Längen besser als die erste. Es geht um den Wunsch nach der Unsterblichkeit und weise Ratschläge. Stilistisch hält es uns diesmal klassisch in der Kurzgeschichtenklaue gepackt: Vergangenheitsform, wir sind mitten im Geschehen, Stefan observiert den Vampir, der jede Nacht seine leeren Opfer im Moor versenkt. Dann kommt der Höhepunkt, die beiden treffen aufeinander und gehen ein Stück nebeneinanderher. Die Rolle des Lehrers und des Schülers ist dargestellt. Und die Pointe ist super gelungen. Das Ganze erschuf eine düstere und geheimnisvolle Stimmung mit dem Spiel um Fluch und Licht.
Zentralaussage: „So sieht der Tod aus.“

Nach diesen zwei Eindrücken, war ich dann ganz ausgeglichen und dachte mir: HA! Das beste hat sich Autorin Mackert sicher für das Ende aufgehoben!

Blut und Feuer
Kaffee: Check
Zichte: Check
Beginn: 14:05
Ende: hab ich… nicht geschaut
Wo: Mittags, Wohnzimmer auf dem Boden sitzend, keine Kräuter: zählt Kerzenduft auch?
Diesmal sind die Protagonisten Alvgrim, ein Feldherr eines nicht näher definierten phantastischen Landes und sein bester Freund Jarven. Drumherum gibt es noch Kanonenfutter in Form von Armeen und ein paar anderen Gestalten mit einer Sprechrolle hier und da. Es geht um Krieg und Rache aber auch um Freundschaft und Loyalität. Nach einer tödlichen Verwundung des Feldherren schickt dieser seinen besten Freund aus Einhornpulver zu besorgen und ihn zu retten. Jetzt ist Einhornpulver aber nicht gerade in jedem Krämerladen erhältlich und deswegen muss sich Jarven gut überlegen ob er gewillt ist den Preis für das Leben seines Herrn zu zahlen!
Zentralaussage: „Der Krieg fordert Opfer.“
 

Fazit:

Alle drei Geschichten zusammen genommen, behandeln den Tod, das Leben, das Danach. Alle drei sind sehr unterschiedlich, für meinen Geschmack waren sie aber überhaupt keine Kaffeepausengeschichten. Ich stellte mir da eben etwas anderes vor. Auf der Arbeit würde ich das jedenfalls NICHT lesen… in der Pause… Also revidierte ich meine Voreinstellung, die Angaben zu Beginn der Geschichten sagten mir ja deutlich, dass es nicht für diese Art Pausen gedacht war. Und für abendliche kleine Geschichten waren sie dann schon wieder viel besser geeignet. Verprellt hat mich die erste Geschichte, sie war wirklich zum einschlafen und die ‚Moral‘ sprich die Aussage dahinter hat mich einfach nur geschafft. Keine gute Voraussetzung, ich fand sie furchtbar dramatisch und ernst, obwohl der Gargoyle eine so fabelhafte Gestalt war und auch das Zerren der Dämonen an dem Menschen ein sehr hübsches Bild zeichnete.
Herausgerissen hat es die zweite Geschichte, die mit einer vernünftigen und verdächtig schlagkräftigen Wendung daher kam. Das war mal etwas, bei dem ich sagen konnte: perfekt getroffen! Sie hat mir verdammt gut gefallen.
Nun und dann die dritte… um ehrlich zu sein, an der dritten hatte ich nichts auszusetzen, außer dass ich sie ebenfalls total langweilig fand. Und sie passte einfach nicht zu den beiden davor, gefühlstechnisch. Natürlich haben wir in den Geschichten eine Steigerung. Der eine mordet nicht, der zweite will das Morden in Kauf nehmen, der Dritte tut es! Aber bei der ersten ist es noch so, dass man sich denkt, ja ja die Last des Alters, Ruhe in Frieden guter Mann… bei der zweiten ist man zufrieden ein Monster weniger auf der Welt zu haben aber die dritte… die dritte mit der werd ich nicht warm. Sie erinnert mich an diverse Einhornfabeln, aber keine war mir je so suspekt. Zumal ich die Auflösung absolut nicht nachvollziehen kann. Die Geschichte kommt über einen blutrünstigen Pfad zu einer Entscheidung und einer Aussage. Hat dann aber keinen Punkt, sondern dann wird da doch noch was ins Meer geworfen um noch mal einen Hoffnungsschimmer zu bieten, der nicht sein muss. Die Frage die sich mir hierbei stellt ist: Ging es denn um das Einhorn? Irgendwie nicht… das war ja nur Materiallieferant.

Empfehlen kann ich die Geschichten also tatsächlich nicht zur klassischen Kaffeepause, sondern zum freien Raum (viertel-halbe Stunde) mit Kaffee. Die Idee der Ortswahl nebst Kräutern, Blut und Dom sind zwar süß, aber nur schwer umsetzbar. Denn wenn ich grad mal 15Minuten Zeit habe, dann nicht um einen Dom suchen zu gehen. Dennoch bleibt es eine wirklich schöne Idee, den Leser mit einzubeziehen.
Einzeln bewertet gäbe es von mir für die Geschichten eine 3, eine 4 und eine 2. Womit wir uns bei einer guten durschnittlichen Bewertung einpendeln und uns Luft nach oben lassen, denn ich wette, je mehr Kurzgeschichten wir hier noch mit Kaffee, Tee oder sonst was verzehren, da kommt bestimmt noch die ein oder andere Überraschung auf uns zu. Und die Tatsache, dass die Geschichten ihr selbst gestecktes Ziel erreichen ist es allein schon wert darüber nachzudenken, diese Heftchen auch gern mal zu verschenken! Eine kleine Aufmerksamkeit für jeden der immer nörgelt, er habe nicht die Zeit zum Lesen. Viel Zeit braucht man doch gar nicht um eine flüssige Handlung mit schöner Aussage zu platzieren! Besser jedenfalls, als sich Werbeblöcke im Fernsehen anzutun - allemal! Greift das nächste Mal einfach zur Kurzgeschichte, das ist spannender und geistreicher. Für den Auftakt DIESER Serie hätte ich mir jedoch weniger Ernsthaftigkeit vorgestellt.