Rezension

Die drei Leben der Tomomi Ishikawa

Die drei Leben der Tomomi Ishikawa - Benjamin Constable

Die drei Leben der Tomomi Ishikawa
von Benjamin Constable

Bewertet mit 5 Sternen

Tomomi Ishikawa und Benjamin Constable sind enge Freunde, sie können nächtelang über das Leben philosophieren und scheinen sich in mancher Hinsicht doch kaum zu kennen. Eines Tages erreicht Ben ein Brief von Tomomi, in dem sie ihm mitteilt, dass sie tot ist. Ben fällt aus allen Wolken, gleichzeitig ist er verunsichert von Tomomis Brief. Sie gibt ihm darin seltsame Anweisungen und startet eine Art Schnitzeljagd, die ihn ihr näherbringen soll. Diese Spurensuche führt Ben mittels Briefen und Notizbüchern, Mails und in ganz Paris verteilten Hinweisen durch wichtige Stationen in Tomomis Leben. Er landet schließlich gar in New York, wo Tomomi aufwuchs und lernt seine Freundin endlich kennen.
„Die drei Leben der Tomomi Ishikawa“ hat eine wunderschöne, philosophisch-träumerische Sprache und liest sich trotzdem leicht und flüssig. So kam es, dass ich unglaublich schnell in die Geschichte eingetaucht bin. Die moderne Schnitzeljagd, die Tomomi für ihren Freund gestaltet, hat mich richtig fasziniert. Das Besondere ist nicht allein die Suche von Ben nach der Wahrheit über seine Freundin, sondern dass der Leser dabei genauso mitzweifelt und spekuliert wie die Hauptfigur selbst. Was ist wahr an dem was Tomomi schreibt? Hat sie all das wirklich erlebt? Was ist sie für ein Mensch?
Stück für Stück taucht Ben tiefer in die Geheimnisse um Tomomi ein und gleichzeitig ergeben sich immer seltsamere Situationen und Begegnungen. An manchen Stellen tauchen mehr Fragen als Antworten auf und haben bei mir den Wunsch zu erfahren wie das nun alles zusammenpasst immer weiter angetrieben. Die Charaktere geben der Geschichte eine ganz besondere Stimmung. Sie sind geheimnisvoll, widersprüchlich und wirken einfach lebendig, so seltsam sie sich auch manchmal verhalten. Ben, der die Geschichte aus seiner Perspektive schildert, scheint Autor, Protagonist und gleichzeitig der Berater des Lesers zu sein. An einigen Stellen ist es, als wendet sich Ben direkt an den Leser, teilt seine eigenen Zweifel mit, dann wiederum schildert er seine Erlebnisse unmittelbar und ungefiltert ohne konkreten Adressaten.
Für mich wurde dieses Buch zu einem wirklichen Highlight weil es mit Erwartungen und Realitäten spielt. Weil einem die Geschichte und ihre Auflösung, nachdem man das Buch zuschlägt, noch eine Weile im Kopf herumspukt. Die Geschichte ist einfach ganz besonders konstruiert. Ich hatte ein bisschen Angst vor dem Ende, bei derart aufgebauten Geschichten besteht die Gefahr, dass das Ende enttäuschen wird. Ich werde natürlich nichts verraten, kann nur aus meiner Sicht sagen, dass das Buch für mich einen “unspektakulären“ aber in sich gerade daher so logischen und fantastischen Schluss gefunden hat. Es hat dann einfach alles zusammengepasst. Deswegen, kurz und gut: 5 von 5 Sternen.