Rezension

Die Duftnäherin

Die Duftnäherin - Caren Benedikt

Die Duftnäherin
von Caren Benedikt

Bewertet mit 5 Sternen

Da ihr gewalttätiger Vater Helme für kurze Zeit in Gewahrsam genommen wird, nutzt seine 16jährige Tochter Anna die Gelegenheit zur Flucht. Sie will sich bis nach Bremen durchschlagen, um dort ein neues Leben zu beginnen, weitab von der Gewalt in ihrem Zuhause in Lünen. Unterwegs trifft sie auf Gawin, einen Waisenjungen, der ebenfalls sein altes Leben zurücklassen will. Zusammen ziehen sie weiter und in Bremen angekommen, bieten sich Anna und Gawin ungeahnte Möglichkeiten in Bezug auf ihrer beider Zukunft. Sie geben sich als Geschwister aus, doch ahnen beide nicht, was noch auf sie zukommen wird: Intrigen, ein rachsüchtiger Vater und die Liebe legen große Steine in den Weg.

Gleich zu Anfang muss ich sagen, dass ich nach Beendigung der letzten Seite als erstes nur ein Wort im Kopf hatte: emotionsreich. Denn in diesem Buch macht man einfach alles durch: Freude über die Flucht von Anna aus dem väterlichen Zuhause, Mitleid mit einem Waisenjungen, Hass gegenüber dem gewalttätigen Vater, Liebe zu einfach wunderbar gezeichneten Charakteren, Trauer über verlorene Personen und so vieles mehr.

Denn hier ist mir besonders aufgefallen, wie liebevoll alle Figuren ausgearbeitet sind. Sei es die junge, hübsche Anna oder der ehrgeizige Ratsherr Siegbert bis hin zu dem brutalen Vater Helme. Alle Figuren sind genau richtig geschaffen und geben dir das Gefühl, sie schon seit Ewigkeiten zu kennen. So ein Schreibstil ist einfach wunderbar und lässt einem wahrlich durch das Buch fliegen, welches einem mit seinen über 600 Seiten dann fast zu kurz vorkommt.

Die Autorin hat Fiktion mit geschichtlichen Begebenheiten verknüpft und so einen bunten Roman über eine junge Frau vorgelegt, welche nach ihrem Platz im Leben sucht. Und sich den damit verbundenen Schwierigkeiten mutig in den Weg stellt.

Einen Kritikpunkt habe ich jedoch: das Ende war mir etwas zu schnell und ließ auch ein paar Fragen bezüglich einiger Charaktere offen. Auch wenn es eine Fortsetzung geben sollte, wäre ich froh gewesen, einige Antworten zu erhalten.
Aber ich weiß jetzt schon, dass „Die Duftnäherin“ nicht der letzte Roman ist, den ich von der Autorin lesen werde. Denn gerade der emotionsreiche Schreibstil hat mich sehr überzeugt und macht das fragenreiche Ende für mich wieder wett.

Interessant fand ich den Einblick in das „Seifensieden“. Noch nicht weit verbreitet, hat Margrite sich diese Fähigkeit angeeignet und damit gutes Geld verdient. Ich hätte nicht gedacht, dass Seife damals so teuer war und sie ja auch – in Zeiten der Pest – Leben retten kann. Margrite war mir im Buch auch die Liebste. Sie hat das Herz auf dem rechten Fleck.

Fazit:
Ein Buch, dass das Kopfkino lebendig werden lässt.