Rezension

Die Entscheidung zur Lüge

Die Farbe von Glück
von Clara Maria Bagus

Die Entscheidung zur Lüge

„Man kann sein Glück nicht auf dem Unglück anderer aufbauen. Lügen breiten ihre schwarzen Flügel aus, die von Tag zu Tag wachsen.“

Als der angesehene Richter Jules nach etlichen Fehlgeburten seiner Frau im Krankenhaus mit seiner schwerkranken neugeborenen Tochter konfrontiert wird, entschließt er sich zu einem verzweifelten Schritt. Er verstößt gegen all seine moralischen und ethischen Grundsätze, erpresst die zuständige Krankenschwester und veranlasst sie, das sterbenskranke Neugeborene gegen ein anderes, gesundes Baby auszutauschen. Dieser Eingriff in das Schicksal macht zwar seine Ehefrau Louise überglücklich, für Jules beginnt jedoch eine Zeit der Verzweiflung. Die Lüge lastet schwer auf ihm, er ist von Schuld, Reue und Verzweiflung gelähmt, bis er schließlich resigniert und versucht, alles zu verdrängen.

Charlotte ist Krankenschwester und hat sich eines verwaisten Jungen angenommen, den sie über alles liebt. Die Drohung des Richters, ihr den kleinen Antoine wegzunehmen, veranlasst sie dazu, seiner unfassbaren Forderung nachzugeben. Doch auch Charlotte wird mit dieser Schuld nicht fertig. Sie überquert den Ozean und sucht mit Antoine Zuflucht in einem weit entfernten Land im Osten.

Für alle Beteiligten ändert sich das Leben drastisch – und die Auswirkungen dieser emotionalen und kopflosen Tat sind größer, als sie sich jemals hätten vorstellen können…

Das überaus ansprechende Buchcover sowie der angepriesene Inhalt auf dem Klappentext machten mich auf die aktuelle Neuerscheinung von Cara Maria Bagus aufmerksam. Jules und Louises Geschichte beginnt auf der Neugeborenen Station, die handelnden Figuren werden dem Leser vorgestellt. Die größte Aufmerksamkeit wird Charlotte, Jules und Antoine zuteil, Louise, Florentine und Ni Lou sind für die Handlung relevante Nebenfiguren. Im Rückblick auf die Vergangenheit spielt auch Antoines Mutter Marlene eine wichtige Rolle.

Der Schreibstil und sehr oft auch gewisse Satzkonstruktionen waren für mich gewöhnungsbedürftig. Das Buch ist prall gefüllt mit Lebensweisheiten, die sich beinahe nahtlos aneinanderreihen… für meinen Geschmack bei Weitem zu viel des Guten. Die eigentliche Geschichte gerät angesichts der vielen klugen Worte ein wenig in den Hintergrund und erreichte mich nicht wirklich. Der Faktor des Übernatürlichen, Magie und beispielsweise auch die Thematisierung alter Seelen hat mir überhaupt nicht gefallen, ich konnte auch viele Motive und Handlungen nicht nachvollziehen. Besonders die Entwicklungen im letzten Abschnitt des Buches empfand ich als unglaubwürdig und an den Haaren herbeigezogen. Angesichts der blassen Figuren und der für meinen Geschmack unzureichenden Charakterzeichnung blieben diese unnahbar, konnten mich emotional nicht einbeziehen. Ein wenig irritiert hat mich auch die Tatsache, dass die Protagonisten und Nebenfiguren allesamt nur Vornamen, aber keine Nachnamen besitzen.

FAZIT: „Die Farbe von Glück“ wird durch ein ausdrucksstarkes Cover präsentiert und verheißt eine vielversprechende Geschichte, konnte mich persönlich jedoch nicht überzeugen. Ich war von dieser Lektüre enttäuscht und mehrfach versucht, sie abzubrechen. Ich vergebe aufgerundete zwei Bewertungssterne für die beachtliche Anzahl von Lebensweisheiten in diesem Buch, eine Leseempfehlung kann ich dafür jedoch nicht aussprechen.