Rezension

Die Facetten von Liebe

Bei aller Liebe -

Bei aller Liebe
von Jane Campbell

Bewertet mit 4 Sternen

Ich war mir gar nicht so sicher, was ich von diesem Buch erwarten sollte. Die Beschreibung macht auf jeden Fall neugierig, hat mich aber gleichzeitig auch etwas eingeschüchtert, weil ich mich fragte, wie eine Geschichte, die aus Sicht von Psychologen und Philosophen erzählt wird, wohl anklingen mag. Und tatsächlich hat mich das Buch auch eher unschlüssig zurückgelassen, denn einerseits hat das aufbereitete emotionale Chaos durchaus Unterhaltungswert; es war aber stellenweise auch recht anstrengend, mit diesen so intelligenten, so geplagten Figuren Schritt zu halten. 

Zum Inhalt: Es ist die Hochzeit ihrer einzigen Tochter und trotzdem kann Agnes nicht nur Freude an diesem Ereignis finden. Denn nicht nur lässt sie der Veranstaltungsort, ihre einstiges Zuhause, erschaudern, sie hat auch mit den Dämonen ihrer jüngsten Vergangenheit und eigenen Kindheit zu kämpfen. Und nicht nur Agnes beschließt, zu diesem Schlüsselereignis aufzuarbeiten, was sie plagt, auch ein paar andere Gäste haben eine eigene Agenda.

Die Geschichte wird aus den wechselnden Perspektiven, der bereits im Klappentext angeteaserten Personen erzählt, die alle in irgendeiner Form miteinander verbandelt sind. Ich kann nicht genau den Finger darauf legen, woran es lag, aber ich fand die im Mittelpunkt der Geschichte stehenden Personen alle furchtbar unsympathisch, teilweise blasiert und anmaßend in ihrer Lebens- und Denkweise und gleichzeitig irgendwie weltfremd. Gleichzeitig lag darin vermutlich für mich auch der Reiz der Geschichte, man konnte sich wunderbar von den Figuren distanzieren, schamlos auf ihr Leben, die Art wie sie (glauben zu) lieben und die Tragik der Vergangenheit blicken.

Die einzelnen Handlungsstränge sind an sich gut miteinander verstrickt, einzelne Ereignisse werden aus verschiedenen Perspektiven wieder aufgenommen und man bekommt als Leser überzeugend rüber gebrachte Innenansichten geliefert. Die Beziehungskonstrukte sind denkbar instabil, merkwürdig miteinander verwoben und beinahe fließend ineinander übergehend. 

Den Erzählstil fand ich genauso inkonsistent wie die Beziehungen, Gedanken und Emotionen der drei Hauptfiguren. Teilweise schwülstig, teilweise sehr pointiert wird hier auf die Vergangenheit, die Liebe, das Konstrukt der Familie und andere soziale Gefüge geblickt. Insgesamt passt das als Gesamtwerk ganz gut zusammen und ich habe die Geschichte mit einer Mischung aus Faszination und Unglauben verfolgt. War für mich mal was ganz anderes, als die Bücher die ich sonst so lese.