Rezension

Die Freiheit ist da, betrete das neue Land im Vertrauen

Aus dem Staub erhebst du mich -

Aus dem Staub erhebst du mich
von Mary Marantz

Eine sehr bewegende Geschichte einer bemerkenswerten jungen Frau, die es mit Gottes Hilfe schafft, sich mit ihrer Vergangenheit zu versöhnen und in Freiheit zu leben.

"Aus dem Staub erhebst du mich" ist eine authentische Geschichte einer ungewöhnlichen Frau. Der Leser hat das Gefühl mit der Autorin Mary Marantz am Tisch zu sitzen bei einer Tasse Kaffee und sich ihre Geschichte erzählen zu lassen und wie es bei Frauen oft ist wird während des Gesprächs hin- und hergesprungen, nicht chronologisch, sondern lebendig werden die Gedanken ausgetauscht, was gerade so kommt. Bei solchen Gesprächen ist eine hohe Flexibilität von Nöten, denn die Themen und die Sprache können schnell wechseln. So ist es auch bei diesem Buch und auch wenn es für den Leser einen Moment dauert, bis er in die Geschichte eintaucht, lohnt es sich, denn es voll von tiefem Glauben, echter Lebensweisheit, einer versöhnenden Liebe, Traurigkeit und Lachen liegen nebeneinander und durch die lebhafte Schilderung der Autorin kann man die Geräusche und die Gerüche ihrer Kindheit während des Lesens wahrnehmen. Auch schaut sich der Leser das Cover des öfteren an, in schwarz-weiß aus gutem Grund und fragt sich wie es dem Kind hinter diesen mit Folie notdürftig, alles ist in diesem Trailer notdürftig, zugeklebt wohl ging. Der Wald dahinter, der den Trailer zu verschlingen droht war bedrohlich und zugleich ein Zufluchts- und Glücksort für die kleine Mary.

Das Buch ist in zwei große Abschnitte aufgeteilt, "Das Mädchen im Trailer" und "Das Mädchen nach dem Trailer" und am Ende versteht der Leser, warum diese Zweiteilung der Autorin so wichtig war.

Mary wurde in West Virginia geboren, ein hartes und ursprüngliches Land mit ebensolchen Menschen, denn es zwei Möglichkeiten sein Geld dort zu verdienen, im Bergbau oder im Wald. In Marys Geschichte gab es beides, doch ihr Vater entschied sich als Holzfäller in den Wald zu gehen, sonst wäre er im Berg gelandet, Beides war lebensgefährlich, doch der Vater, der schon mit 12 seine Holzfällerkarriere begann, ging es einfach an und wurde zur Holzfällerikone West Virginias. Ihm war sehr wohl bewusst, dass er niemals aus dem improvisierten Trailer herauskommen würde und er wünschte sich für seine Tochter Mary, ein richtiger Wildfang, eine andere Zukunft und fing schon sehr früh an diszipliniert mit ihr zu lernen und viel von ihr zu verlangen. Das half Mary auf der einen Seite, doch stand es auch im krassen Gegensatz zu ihrem Familienalltag, geprägt von Armut, schwerer Arbeit und einem immer währenden modrigen Geruch, der sich Mary tief ins Gehirn brannte. Dennoch fühlte sie sich geliebt, besonders von ihrer Oma Goldie, die sie auch mit dem Glauben in Berührung brachte. Dennoch hatte das kleine lebendige Mädchen tiefe Verletzungen einzustecken, ob es die Tatsache war, dass ihr Vater sie nicht bei ihrem Namen nannte, sondern sie konsequent bis ins Erwachsenenalter mit "das Kind" ansprach. Was macht das mit einem Kind? Die Mutter, mit der ewigen Armut, der schweren Arbeit und der Gewissheit, nie dem modrigen Trailer entkommen zu können, verließ die Familie. Für Mary ein schwerer Einschnitt. Umso mehr strengt sie sich an, es ihrem Vater recht zu machen und lernt so erfolgreich in der Schule, dass sie letztendlich ein Stipendium an einer der besten Universitäten Amerikas bekommt.

Nun beginnt der zweite Teil, sie verlässt ihr deprimierendes Elternhaus und fängt in einem anderen Bundesstaat an zu studieren. Mary muss feststellen, dass West Virginia, die Schwere, das Armutsdenken und vor allem der modrige Geruch fest in ihr stecken und sie begibt sich auf den für sie mühsamen Weg das Land der Freiheit, das sie sieht, doch noch nicht wirklich für sich in Anspruch nehmen kann, Schritt für Schritt im Vertrauen einzunehmen. Dabei wird ihr bewusst, dass sie schon immer geliebt wurde und sie darf erleben wie die neu gewonnene Freiheit Wurzeln schlägt. Ein Gefährte auf diesem holprigen und langen Heilungsweg ist ihr Verlobter und späterer Mann Justin. Durch ihn lernt sie sich Stück für Stück anzunehmen und lernt, den Schmerz nicht zu vermeiden, wenn sie das Gute behalten will. Was mich sehr berührt hat, ist die ehrliche und von Herzen kommende Versöhnung mit ihrer Vergangenheit. Sie nimmt ihre Wurzeln an, sie schätzt sie und sie findet einen Weg mit ihren Eltern auf eine wertschätzende und liebevolle Art umzugehen. Das beschreibt sie auf eine so wunderbare und poetische Weise, dass ich wirklich Tränen in den Augen hatte.

Gott ist treu, wenn wir den Mut finden uns unserem Schmerz zu stellen, ihn anzuschauen, anzunehmen und dann in Gottes heilender Gegenwart loszulassen. Eine autobiografische Geschichte, die sich lohnt zu lesen, nur sollte sich der Leser Zeit nehmen, denn sie liest sich nicht einfach so. Prädikat sehr wertvoll!