Rezension

Die Geschichte Deutschlands seit den 60ern als Familienroman im Zeitraffer

Margos Töchter
von Cora Stephan

Bewertet mit 4 Sternen

Janas leibliche Mutter Clara wird von der BRD aus einem DDR-Gefängnis freigekauft. Gemeinsam kommen sie bei den Eltern von Leonore und Alexander unter, doch Clara verschwindet plötzlich und lässt Jana zurück, worauf Leonore und Alexander die Zweijährige adoptieren. 2011, Jana ist 34 Jahre alt, bekommt sie Nachricht von der Stasiunterlagenbehörde, dass sie Einsicht in die Unterlagen ihrer mittlerweile verstorbenen Adoptivmutter erhält. Voller Bangen macht sie sich auf den Weg nach Berlin.
Es ist ein Buch über das Leben der zwei Mütter von Jana, ihrer leiblichen Mutter Clara, die sie nicht kannte und ihrer Adoptivmutter Leonore, die sie über alles liebte. Zwei Frauen, die gegensätzlicher kaum sein könnten. Leonore, die in Westdeutschland aufwächst, hat ein Wesen das nach Unabhängigkeit strebt und keine Scheu davor, mit ihrer Meinung gegen den Strom zu schwimmen. Ganz anders Clara: Aufgewachsen in der DDR, ist sie bereits als Jugendliche eine überzeugte Genossin, die nur für ihre Partei lebt.
Beider Geschichten werden eng an tatsächliche Ereignisse angelehnt, wie beispielsweise die Attentate der RAF, in die Leonore fast hineingezogen wird oder der Freikauf von politischen Häftlingen aus der DDR, wie es Clara erlebt. Auf diese Weise folgt man nicht nur dem Leben der Beiden, sondern erfährt fast nebenbei auch die Historie der zwei deutschen Staaten seit den 60er Jahren. Manches klang zwar gelegentlich wie ein kleiner Exkurs aus der Geschichtsstunde und auch die Verwicklung der beiden Frauen in historische Ereignisse wirkte zeitweise etwas gewollt (Clara begleitet den Chef der Treuhand ein paar Tage als Journalistin? Leonore hat eine Vermutung hinsichtlich eines RAF-Attentats?). Doch alles in allem wird ein ziemlich realistisches Bild der damaligen Zeit dargestellt.
Obwohl mir das Ende viel zu melodramatisch ist (das es vielleicht braucht, um für den ersten Band eine Lösung zu liefern?), ist es eine lesenswerte Lektüre. Denn es bietet nicht nur einen Familienroman sondern ebenso spannende Zeitgeschichte, wenn auch zugegebenermaßen in etwas komprimierter Form :-)