Rezension

Die Geschichte einer Flucht

Jenseits des Meeres
von Jon Walter

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt: Ein Land im Bürgerkrieg. Eine Hafenstadt in Flammen. Nur ein einziges Schiff nimmt noch Flüchtlinge auf. Doch der Preis für die Überfahrt ist für die meisten viel zu hoch. Wie sollen Malik und sein Opa an Bord kommen? Und wird Maliks Mutter es rechtzeitig zu ihnen schaffen? Malik muss all seinen Mut zusammennehmen, damit ihm die Flucht gelingt. Sein Erfindungsreichtum, eine streunende Katze und Opas besonderer Zaubertrick sorgen dafür, dass er dabei nie die Hoffnung verliert. Ein erstaunliches und zutiefst menschliches Debüt über Krieg und Hoffnung, Flucht und Heimat – erzählt durch die Augen eines Jungen. (Quelle: Verlag)

Meine Meinung: Als ich mit Jenseits des Meeres begonnen habe, wollte ich das Buch am liebsten nach wenigen Seiten weglegen. Das Buch ist anfangs so bedrückend und emotional, dass ich mich dafür einfach nicht in der richtigen Verfassung gefühlt habe. Nach einer kurzen Pause ging es jedoch besser und je weiter man voranschreitet, umso mehr Hoffnung gibt es in der Geschichte und umso heller wird sie. Je länger ich darüber nachdachte, umso logischer erschien mir dies auch. Denn Maliks Geschichte ist die eines Flüchtlings und spiegelt wohl die Gefühlslage beim Leser wieder, die ein Flüchtling erlebt, wenn er flieht, aus seinem Heimatland rauskommt und zu neuen Ufern aufbricht. Genauer gesagt spiegelt es die Gefühlslage wieder, die aufkommt, wenn letztendlich auch alles gut läuft. Wenn alles so läuft, wie es sein sollte, was in der Realität leider selten der Fall ist. Hier geht Jenseits des Meeres jedoch mit einem guten Beispiel voran.

Wir verfolgen die Geschichte von Malik. Malik, einem Flüchtlingsjungen auf seiner Reise zu einem neuen Land und wir erfahren auch ein wenig von seinem Leben nach der Flucht. Er hat mit Dingen zu kämpfen, die für jeden problematisch sind, der flieht und er löst sie meist auf ganz wundervolle Weise, meist aber auch so, wie sie wohl jeder kleine Junge lösen würde: Mit Trotz. Ihm stehen das ganze Buch über wundervolle Menschen zur Seite und die meiste Zeit über auch ein kleiner tierischer Begleiter, der für mich das Buch an vielen Stellen noch einmal ein wenig menschlicher erscheinen lies, als es insgesamt schon ist. Das Buch erzählt Maliks Geschichte in wundervollen Tönen und nachdem die ersten Hemmungen überstanden waren, habe ich mich in die Geschichte verliebt.

Einziger Wehmutstropfen: Als ich das erste Mal von Jenseits des Meeres gehört habe, dachte ich: Endlich mal eine Geschichte, die perfekt in die heutige Zeit passen, zu den Problemen passen, die uns tagtäglich beschäftigen und doch thematisiert das Buch mehr die Flucht an sich und in dem Land, in das Malik flieht, geht alles glatt und dort hat er mit keinerlei Problemen zu kämpfen. Dies schien mir zu einfach. Ich will nicht glauben, dass eine Flucht, die so viele Schwierigkeiten gemacht hat, im neuen Land so reibungslos verläuft. Was ist mit den Menschen dort, was sind ihre Ängste, mögliche Probleme etc.? Wieso findet dies keinen Platz im Buch? Ich kann nicht sagen, ob dies eine generelle Empfindung von mir ist oder ob dies allen ein wenig fehlt. An dieser Stelle hätte ich mir für das perfekte Leseerlebnis allerdings mehr erhofft.

Fazit: Jenseits des Meeres ist ein bezauberndes Werk über die Flucht und alles, was dahinter steht. Mit dem Flüchtlingskind Malik teilen wir seine Ängste, Sorgen und Schicksalsschläge, aber auch all die schönen Momente, die er erlebt. Ein tolles Werk, das den Zeitgeist zwar nicht perfekt trifft, denn Leser jedoch sensibilisiert und hinter das Schicksal eines Flüchtlings blicken lässt.