Rezension

Die Geschichte einer zutiefst verletzten Kinderseele

Splitterfasernackt - Lilly Lindner

Splitterfasernackt
von Lilly Lindner

Bewertet mit 3 Sternen

Das Leben von Lilly Lindner war nicht einfach. Schon im zarten Alter von sechs Jahren wurde sie mehrfach von ihrem Nachbarn vergewaltigt. Sie zerbricht daran und entwickelt eine Persönlichkeitsstörung. Ihre Seele verlässt den Körper. Um sich dennoch zu spüren, fügt sie sich regelmäßig Schmerzen zu. Vor ihren Eltern bleibt dies alles verborgen. Lilly lässt sich als Teenager freiwillig in eine psychatrische Klinik einweisen, später verlässt sie freiwillig ihr Elternhaus um in einem Heim zu wohnen. Sie entwickelt Essstörungen und hungert sich fast zu Tode. Mit dem männlichen Geschlecht kann sie nicht umgehen, Sex ist für sie eine einzige Qual. Irgendwann, Anfang zwanzig beschließt sie, dass sie ihren Körper zurückhaben möchte. In ihren Augen kann das nur gelingen, wenn die Männer ihr das zurückgeben, was ihr Nachbar ihr einst genommen hatte. Deshalb beschließt sie in einem Edelbordell zu arbeiten.

„Splitterfasernackt“ entführt uns in eine kaputte Kindheit, in eine zutiefst verletzte Kinderseele, der es auch als junger Erwachsener nicht gelingt, die Wunden zu schließen. Das Leben der Autorin ist kein Zuckerschlecken und es gelingt ihr nur in ganz kleinen Schritten, wieder zurück ins Leben zu finden. Der Schreibstil ist flüssig, vollgepackt mit Metaphern und teilweise sehr poetisch. Während ich im ersten Teil, der Kindheit von Lilly, noch ganz bei ihr war und auch großes Mitgefühl entwickeln konnte, hat mich dann der Rest des Buches doch eher gelangweilt. Die Erzählungen im Bordell konnten mich nicht fesseln und ich fand es extrem schade, dass diese Geschichte nicht mehr Hilfestellung für Betroffene ist. Denn es gibt genug Menschen, die eine ähnliche Kindheit hinter sich haben und teilweise daran zerbrechen. Genau für diese Betroffenen hätte ich mir mehr gewünscht, dass sie in dieser Biographie eine Hilfe bekommen, wie sie zurück ins Leben finden können. Eine Geschichte die anderen Mut macht, das hätte ich mir gewünscht.

Fazit

Das Leben der Autorin war und ist nach wie vor nicht einfach. Selbst heute noch hat sie mit dem Erlebten aus ihrer Kindheit zu kämpfen und ich kann ihr nur wünschen, dass sie irgendwann einmal damit klar kommt. Die Geschichte ist nicht einfach zu lesen und man kann wirklich nur den Kopf schütteln, wie Eltern so etwas nicht merken können. Dennoch hätte ich mir weniger Bordellgeschichten gewünscht sondern ehter noch mehr Mutmachendes für Betroffene.