Rezension

Die Geschichte von Blue

Die Geschichte von Blue - Solomonica de Winter

Die Geschichte von Blue
von Solomonica de Winter

Bewertet mit 4.5 Sternen

Blue ist ein 13-jähriges Mädchen, ihr Vater ist früh gestorben und ihre Mutter flüchtet sich in die Kokainsucht. Sie ist besessen von dem Buch „Der Zauber von Oz“ und verliebt sich in einen jungen Mann, der es ebenfalls liebt. Außerdem muss sie den Mörder ihres Vaters finden. Es ist die Geschichte eines Mädchens, das sich in ihrem kaputten Leben nach einer besseren Welt, einer Familie und Gerechtigkeit sehnt, genauso wie in ihrem Lieblingsbuch, das sie überall hin mitnimmt.

Allein die Zusammenfassung des Inhalts ist eine sehr schwierige Aufgabe. Die Frage ist, wie viel man verraten darf, denn direkt auf den ersten Seiten gibt es eine unerwartete Wendung, die man aufgrund des Klappentextes nur erahnen kann. Es folgen viele weitere Überraschungen bezüglich Blue, welche schließlich das Gesamtbild der außergewöhnlichen 13-jährigen Protagonistin erschaffen. Blue ist ein sehr komplexer Charakter mit vielen Facetten; es gibt Momente, in denen sie nach Liebe lechzt, aber auch welche, in denen der Wahnsinn aus ihr zu sprechen scheint. Oft flüchtet sie sich in ihr Lieblingsbuch „Der Zauberer von Oz“ und hofft, dass sie sich in diesem Land wiederfindet, wenn sie das nächste Mal ihre Augen aufschlägt. Im Laufe des Romans kann man eine klare Entwicklung der Protagonistin erkennen, die aber trotzdem weiterhin in alte Verhaltensmuster zurückfällt.

Die Autorin Solomonica de Winter schafft es trotz ihres geringen Alters von 16 (jetzt 17) Jahren Blue durch ihre Sprache zu prägen, indem sie aus der Ich-Perspektive schreibt. Es finden sich sowohl hoffnungsvolle Abschnitte voller Wortgewalt und toller Vergleiche als auch Kraftausdrücke in Momenten, in denen sie von Wut oder Hass übermannt wird. Dabei schafft es de Winter immer, die richtigen Worte für die Situationen zu finden, sodass man ein Wechselbad der Gefühle erleben darf.

Ab den ersten paar Seiten fiebert man auf ein bestimmtes Ereignis hin. Zuerst wird natürlich die Person Blue und ihre Lebensumstände vorgestellt. Bei jeder neuen Figur, die eingeführt wird, fragt man sich, in welchem Kontext sie zu den Ereignissen stehen, wobei dies bis fast zum Schluss offen bleibt. Die Spannung steigt, bis sie kurz vor Schluss nicht mehr auszuhalten ist. Dann, ganz am Ende, wenn man das Buch gedanklich schon fast ad acta gelegt hat, platzt noch einmal die Bombe. Mit so einem Ende hätte ich nie gerechnet und es lässt das gesamte Buch noch einmal in einem ganz anderen Licht erscheinen.

„Die Geschichte von Blue“ ist das grandiose Debüt der Solomonica de Winter, die dieses Buch mit erst 16 Jahren schrieb. Durch die immer passende Sprache in allen Situationen und der Geschichte mit ihren vielen Überraschungen und Wendungen wird der Leser von Anfang an gefesselt. Ich will nicht sagen, dass der Klappentext falsche Hoffnungen verspricht, aber einige Informationen werden vorenthalten, die schon früh ans Licht kommen und die Geschichte ganz anders gestalten. Dieses Buch zu lesen lohnt sich aber auf jeden Fall, wenn man sich überraschen lässt und sich auf die Geschichte einlässt.