Rezension

Die größten Hobbys der Protagonistin: Heulen und Schlafen

Splitterherz - Bettina Belitz

Splitterherz
von Bettina Belitz

Bewertet mit 3 Sternen

"Splitterherz" ist der Auftakt zu Bettina Belitz Trilogie um die Schülerin Elisabeth Sturm und den Nachtmahr Colin. Die Folgeteile "Scherbenmond" und "Dornenkuss" sind ebenfalls bereits erschienen. Leider konnte mich dieser erste Teil aber nur zum Teil überzeugen.

Zum Inhalt: Elisabeth, genannt Ellie, Sturm ist 17 und zieht mit ihren Eltern aus Köln in den kleinen Ort Kaulenfeld, da ihr Vater, der als Psychiater arbeitet, dort in einer Klinik einen guten Job angeboten bekommen hat. Während Ellie in der neuen Schule nur schwer Anschluss findet, fällt ihr der mysteriöse Colin auf, ein 20jähriger Förster, der von der Dorfjugend wenig akzeptiert wird. Mehrmals fährt er sie nach Hause, bis Ellie ihm ihren Vater vorstellt und herauskommt, dass Colin und Ellies Vater ein dunkles Geheimnis teilen. Colin ist ein Nachtmahr, der sich von Träumen ernährt, sich jedoch als zurückgezogen lebendes Exemplar seiner Art auf Tiere beschränkt. Ellies Vater wurde kurz vor ihrer Geburt von einem Nachtmahr angegriffen, konnte ihm jedoch entkommen, bevor dieser ihn verwandeln konnte, sodass Ellies Vater nun als Halbblut lebt. Da er um die Gefahr weiß, die er auch für seine eigene Frau darstellt, versucht er Ellie mit allen Mitteln von Colin fernzuhalten, während die sich aber verliebt...

Eigentlich ist die Geschichte ja durchaus interessant. Leider dauert es aber ewig, bis Schwung in die Handlung kommt. Der Anfang, in dem Ellie versucht sich an der neuen Schule zurecht zu finden und mal wieder sie selbst zu sein, während sie sich in Köln nur verstellte, um zu den angesagten Schülern zu gehören, zieht sich einfach zu sehr in die Länge. Außerdem schläft und heult Ellie ständig und ist auch ansonsten eine sehr langweilige, blasse, berechenbare und unsympathische Ich-Erzählerin. Auch die Liebesgeschichte hatte für mich leider wenig Gefühl zu bieten. Sie schien mir irgendwie leicht emotionslos und oberflächlich.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, wenn Ellie durch die Begegnung zwischen ihrem Vater und Colin hinter das Geheimnis der beiden gekommen ist, wird die Handlung zwar endlich interessanter, entwickelte für mich aber auch das ein oder andere Déjà-vu-Erlebnis, denn irgendwie kannte ich den Verlauf der Handlung schon...

Man könnte sie nämlich auch folgendermaßen auf das Wesentliche reduzieren: Ein nicht sehr selbstsicheres Mädchen, das nicht so wirklich Zugang zu ihren Altersgenossen findet, zieht aus der großen Stadt aufs Land und lernt einen merkwürdigen Typen kennen, der unsterblich ist, wechselnde Augenfarben und eine sich im Sonnenlicht verändernde Haut hat, die dazu noch kalt und blass ist, durch seinen "Durst" für sie eine ständige Gefahr darstellt, sich aber dazu entschlossen hat, diesen "Durst" an Tieren zu stillen und ständig hin- und hergerissen ist, zwischen liebevollen Gefühlen für sie und verletzender Ablehung, um sie von sich fernzuhalten.

Wenn man das so liest, würde glaube ich keiner heute nicht zuerst an eine andere Story denken. Dieses Plagiatgefühl befiel mich beim Lesen leider regelmäßig und, wenn die Autorin "Twilight" auch noch erwähnt und es mehrmals für nötig hält, ihre Protagonisten darauf hinweisen zu lassen, dass das hier KEINE Vampirgeschichte sei, musste ich mich immer wieder fragen "Ach, wirklich nicht?" - es klingt nämlich alles sehr danach.

Zudem ist der Schreibstil der Autorin für mich zwar wirklich ansprechend und mit viel Sprachwitz schön locker zu lesen, sie schafft es aber durch die ständigen Wechsel zwischen Traum und Wachzustand nicht, die Geschichte übersichtlich zu gestalten und auch nicht, die Spannung in der Haupthandlung aufrecht zu erhalten. Stattdessen brach diese für mein Empfinden immer wieder ein, durch Tarotkarten, Geschichten um Ellies Vater Leo oder ein paar Ausritte und der eigentlich Handlungshöhepunkt dieses ersten Teil kündigte sich erst sehr spät an und war auch nicht sonderlich teifgehend oder gut vorbereitet.

Zumindest die Nebenfigur Tillmann, ein neugieriger 16-jähriger ist aber gelungen und auch die Geschichte liest sich, trotz Dauer-Déjà-vu und nicht ganz klaren Handlungssträngen, ganz gut, sodass ich der Roman bei mir insgesamt einen mittelmäßigen Eindruck hinterließ.

Als Fazit würde ich also sagen, dass ich auf eine deutlichere, spannendere Handlung in den Folgeteilen und eine sympatischer werdende Protagonistin hoffe, denn der Einstieg hatte leider noch einige Schwächen, zu denen vor Allem die ständig heulende oder schlafende Ich-Erzählerin und die unklaren Handlungsverläufe zählten. Zudem bleiben viele Fragen offen, die dringend beantwortet werden sollten. Die Sprache ist dafür aber sehr erfrischend und witzig, sodass sich das Lesen durchaus lohnt.