Rezension

„Die Hölle fängt erst später an“ // Wie überlebt die Psyche ein Trauma

Trauma - Kein Entkommen
von Christoph Wortberg

Bewertet mit 4 Sternen

Ein Trauma lässt sich nicht austricksen, es gelangt immer an die Oberfläche und die Folgen sind heftig. – Gelungen, aber der Autor muss eine Schippe drauflegen! – Kein Blutspektakel, sondern große Psychobühne.

München, im schwülheißen August, heutiger Zeit

Ein zunächst unbekannter Toter wird aus einem Baggersee gefischt - Nichtschwimmer. Ein zweiter erstickte in einem Kühlschrank im Wald – Apnoetaucher. Nach dem Fachurteil der Gerichtsmedizin und eines renommierten Trauma-Psychoanalytikers wie Bestsellerautors handele es sich bei beiden Männern, vormals durch Unfälle traumatisierte, um unabhängige Suizide. Katja Sand, Hauptkommissarin der Münchner Kripo, hegt jedoch Zweifel, erahnt Zusammenhänge und läßt nicht locker. Spielt ein vertuschter Skandal um eine auf einem deutschen Marinekriegsschiff Verstorbene eine weitausuferndere Rolle? Oder, gibt es einen noch viel tiefgründigeren Nebenschauplatz? Trotz zunehmender Blockade höherer Instanzen bis zur offiziellen Einstellung offener Untersuchungen stärkt ihr Assistent bei der Mordermittlung, Rudi Dorfmüller, der Mutter eines Teenagers den Rücken, die gerade durch diese Fälle ihrem eigenen, verschütteten Geheimnis und dem Grauen dahinter immer näher zu kommen scheint…

Wird Katjas unermüdliche Spurensuche auf dem Weg zur Wahrheit sie die berufliche Karriere, oder gar das Leben kosten?

+ + + +

Hinweis: In dieser Rezension wird „Täter/in“ nicht gespoilert, sondern als „Person X“ bezeichnet.

+ + + +

Katja Sand, Ende 30, ist eine erfolgreiche Kriminalkommissarin, die für ihre geliebte 15jährige Tochter Jenny auch Grenzen überschreitet, in Selbstzweifel über ihre Rolle als gute Mutter treibt und selbst in einer gestörten Beziehung zu ihrer eigenen Mama Monika lebt. Drei Generationen, eine kleine Familie, die durch Katjas verborgenes Trauma gänzlich auseinanderzubrechen droht - denn Katjas Bewusstsein führt Krieg mit ihrem Unterbewusstsein…

24/7 lang ist Katja in Gedanken bei ihren Fällen, sie versetzt sich in Opfer und Täter hinein, verschmilzt regelrecht mit ihnen. Warum Menschen andere Menschen töten, das will sie ausgraben. Ihrem Instinkt vertraut sie dabei mehr als den Indizien. Die Toten werden wieder lebendig, das Leid der Opfer bekommt hier ein Gesicht, auch ihre Dämonen und die der Zeugen, Ermittler und Täter. Die aktuell tiefe Beschäftigung mit den Traumata gebeutelten Ermordeten entwickeln sich zum Trigger - Katjas eigenes Trauma erwacht.

S.266: „Plötzlich weiß sie, warum die Ermittlungen sie emotional so mitgenommen haben. Die Parallelen sind offensichtlich (…) Mitten hinein in die Untiefen ihrer eigenen Geschichte. Sie hat geahnt, dass sie sich am Grund dieses Abgrundes selbst sehen würde. Und hat weggeschaut. Weil sie spürte, dass das, was sie dort unten sehen würde, mehr war, als sie ertragen konnte.“

Katja Sand, die alles mit sich alleine auszumachen sucht und in ständigem Bereitschaftsdienst keine Zeit für ihre Tochter findet, hat enorme Schwierigkeiten, trotz ihrer Liebe zu ihrem Kind, ein inniges Verhältnis zu Jenny zu errichten. Als langjährige Polizistin schafft sie es noch nicht einmal, so früh wie möglich ausgiebigst über Rauschmittel aufzuklären. Ein Rätsel bleibt Jenny für sie, genauso wie Katja ihr eines ist ( – und für mich zudem, warum Katja keine Berührungen ihrer Mutter ertragen kann.) Warum das so ist, liegt an dem in Katja so vehement verschlossenen Trauma, dessen arkaner Kern sehr zügig vom Lesepublikum erschlossen werden kann und im weiteren Verlauf immer wieder mal unterschwellig bestätigt wird. (Somit könnten auch Leser, die keine Anhänger von Reihen sind, mit einem gewissen Abschluss zufrieden das Buch verlassen - oder, sie wandeln sich erst recht dazu, zu Serienfans um in voller Gänze Katjas Trauma-Auffaltung dann mit den beiden Folgebänden aufzuspüren, noch dazu mit DEM Cliffhanger und der Leseprobe zu Teil 2 auf den letzten Seiten.)

Wie hart es ist, Job und Privatleben unter einen Hut zu bekommen, was oft gerade im Beruf von Kriminalern in Abschottung und Zerrissenheit endet, wird mit der Hauptkommissarin und Holger Fink vom Drogendezernat nur all zu deutlich vom Autor dargelegt. Der Fink, sympathisch und Dad, wird nur flink vorgestellt - dafür mit bleibendem Eindruck; ihn wünscht man sich in einer tragenderen Rolle in den Fortsetzungen - aber nur, wenn er sich zwischenzeitlich von seiner fremdgehenden Frau scheiden lässt.

 

Der baumlange Rudi Dorfmüller, Anfang 30, ist eine Marke für sich; durch seinen trockenen Humor, seine ganz eigene Art nach anderen Ansätzen zu forschen und sein aufgeschlossenes Wesen vermag er die Düsternis dieses Thrillkrimis aufzulockern. Die eingestreuten Running Gag Szenen um den verehrten Ford Granada, Duftbäumchen und seinen Parka sind so schmunzelig, dass man sie sich nicht entgehen lassen sollte.

Verblüffend und erklärungslosbleibend, wie gut der Kollege die oft gereizte Katja kennt, obwohl er seit erst zwei Jahren mit ihr zusammenarbeitet, wie er die doch so Verschlossene so treffend zu lesen vermag, sein blindes Verständnis für ihr Seelenleben und welch Schlagabtausch durch seine schnelle Auffassungsgabe sich ergibt. Ihre etwas schroffe Reserviertheit läßt er an sich abperlen, weiß er doch, was wirklich dahinter steckt, überhaupt nimmt er Dinge nie persönlich. Beeindruckend auch seine Loyalität und unbedingte Verlässlichkeit.

Darum ist es ein wenig enttäuschend, dass er beinahe eher zum Sidekick verkommt, weil ein intensiverer Blick in ihn verwehrt wird, obwohl doch der Autor, und das macht dieses Buch dahingehend besonders, allweil, selbst in Randfiguren, Seelenschauen vornimmt. Nichtsdestotrotz hat Herr Wortberg ein sympathisches, eingespieltes Ermittlerduo erschaffen, das durch sein freundschaftlich(-tratzend)es Teamwork besticht. Beide brennen für ihren Beruf, auf ihre gegensätzliche (Vorgehens)weise und ergänzen sich gerade dadurch.

+ + + +

Die Ereignisse um den Kriminalfall kommen nur langsam in Fahrt und scheinen nicht wirklich im Vordergrund zu stehen. Die andere Hälfte der Story bildet Katjas Vergangenheit (über das katastrophale Intermezzo daraus erfährt man nichts, aber zwischen den Zeilen gewissermaßen schon), ihre Probleme mit Tochter und Mutter, über die sie mit keinem reden kann. Fast zu viel Privates, dass man sich erst mal etwas wundert, wo die Fallakten bleiben. Besonders die, m.E. teilweise überflüssigen Erzähletappen um den Ex-Verlobten Peter Schäfer, der doch bereits in neuer Familientracht glücklich lebt, und nix mit Katjas Tochter zu tun hat (, oder sollte ich mich da wirklich irren?). Selbstverständlich ist es wichtig auch diese Natur eines Traumas auszuloten, und das bilden diese Szenen ab, den vernichtenden Einschlag, der den Lebensweg mit sämtlichen Planungen komplett über den Haufen wirft. Generell ist es wunderbar, dass wir die Ermittlerin Katja immer besser kennenlernen, aber ein eher austarierteres Gleichgewicht zwischen beiden Welten (einfach mehr zum Fall und an Ermittlungsarbeit) wäre willkommener gewesen.

Was bei Katjas Privatleben und Seelenleid nämlich ein wenig deprimieren kann, gerade weil es so viel Platz in Anspruch nimmt, oder sagen wir besser, es sich dadurch hinzieht, ist, dass der Schatten, der sie verfolgt, das was in ihrem Unterbewusstsein weggeschlossen ist, (ein Waterloo, welches sie vor 15 Jahren erlebt und ihr Leben verändert hatte), für aufmerksame Leser sehr wohl und recht bald ersichtlich wird, (wenn auch nicht in genauer Ausführlichkeit). Gleichzeitig aber der Katja auch im Laufe des Buches es einfach nicht gelingen mag, sich dazu ein wenig konturierter zu äußern, was schon verständlich ist durch die Trauma-Tragweite (das will der Autor ja zeigen), dennoch dieses Gräuel, bzw. der Zementkokon drumherum nur spärlich Haarrisse bekommt, durch die kurz gelinst werden könnte.

Katjas Entwicklung ist nicht wirklich da und sehr ausgebremst. Eventuell hätte ein Einflechten von mehr Nachtmahr und Mini-Flashbacks dem Abhilfe schaffen können? Oder gerade im Showdown des Buches, das ist fast ein Versäumnis(!) vom Autor, wo Katja mit „Person-X“ konfrontiert ist, da hätten doch noch viel tiefergeschachtet ausgearbeitete Parallelen zwischen den beiden für sie ihre Dunkelheit entdichten können. Denn darauf, was Katja und „X“ verbindet, die Verzweiflung und Zerrüttung auf beiden Seiten, weist der Autor immer wieder mal hin.

+ + + +

Erstaunlich, wie recht bald man sich über d i e „Person X“ klar wird, die hinter den so merkwürdig und gewaltsam ums Leben gekommenen Tatopfern, die in der Nach- & Gegenüberstellung mit ihren aufgetriggerten Traumata sterben, stecken muss - wobei das genaue Motiv dahinter das eigentliche Rätsel ist, das es zu ergründen gilt, über das man länger grübelt und erst im Ausgang sich herausschält. Das ist allerdings gar nicht übel, mich hatte es jedenfalls erfreut, einmal „X“ herausbekommen zu haben, ohne bis auf die allerletzte Seite warten zu müssen oder erst nach zig Twists aufgeklärt zu werden. Somit konnte sich dann auch voll auf das Motiv, und Schwerpunkt dieses Buches, konzentriert werden.

S.210: „die innere und die äußere Welt von Traumapatienten [sind] oft völlig auseinangergedriftet (…). In der äußeren Welt funktionieren sie perfekt, ihre innere ist nur noch eine Trümmerlandschaft, in der Chaos, Krieg und Zerstörung herrschen.“ (Dr. Alexander Hanning)

Das Buch hat 46 Kapitel (auf ca. 350 Seiten), und ist in drei Teile gegliedert; jeder Part ist betitelt mit einem anderen Element („Wasser“ – „Eis“ – „Feuer“) sowie mit einem Vorspann versehen. Die Geschichte in diesen ‚vorangestellten Einschüben‘ erzählt in ihrer kontinuierlichen Rückschau vom Martyrium, dem ein 3jähriges Kind mit seiner Mutter ausgesetzt war. Diese kurzen Passagen sind (zusammen mit dem Showdown) der Kategorie Thriller zuzuordnen und einfach nur fürchterlich und erschüttern. Man möchte wahrlich die Augen schließen, um nicht weiterlesen zu müssen. (Der Schrei nach der Mama am Schluss ging mir durch Mark und Bein). En gros läßt sich der Lesestoff aber wohl eher in die Kategorie Krimi/Roman/Psychologie verorten.                                                                                       Eine zeitlich genaue Bestimmung oder Namen fehlen dieser ‚Rückblende‘-Shortstory, und dennoch erschließt sich dem Leser nach und nach, und gen Ende ganz exakt, was es mit ihr auf sich hat.

Erst nach Lektüre v. Bd. 2 und 3 im Gesamtbild wird sich womöglich Bd. 1 gerechter beurteilen lassen?! Dafür sind die Charaktere so lebendig und authentisch von Christoph Wortberg angelegt, dass sich einem beim Lesen die Szenen wie beim Verfolgen einer Vorabendkrimisendung im TV regelrecht vor dem inneren Auge abspulen. Die TRAUMA-Reihe in einer Kurzserie auf Leinwand verewigt - das wäre dem Autor wirklich nur zu wünschen, mit Katrin Klewitz als Idealbesetzung für die Protagonistin.

Beiseite, obwohl die Deutsche Marine für unseren Krimi nur eine untergeordnete Rolle spielt, hat Christoph Wortberg in einem Nebenzweig ein kleines Denkmal zurückgelassen, denn Assoziationen zu Jenny Böken/dem Gorch Fock-Skandal sind unweigerlich da, und sie und ihr ungesühntes Leiden werden hiermit niemals in Vergessenheit geraten. Was auch dieser Fall (um Eva Frey) in Katja anrührt, ist wichtig zu verstehen.

Die Darlegung (durch Dr.Hofer) der psychischen Implikationen, die ein Lawinenverschütteter erlebt, und der Techniken, die ein Marinetaucher anwenden würde als ein solcher, sind sehr aufschlussreich.

Überhaupt die Auseinandersetzung mit der Frage: Gibt es Strategien und kann das Gehirn darauf programmiert werden, Traumata von sich fernzuhalten, zumindest auf der Bewusstseinsebene?

 

Kritikpunkte/Unzureichendes:

Auffallend im Schreibstil: Kurze Sätze, wie abgehackt, Steno-mäßig, die anfangs erst mal gewöhnungsbedürftig sind, finden sich immer wieder absatzweise ein. Der Autor hämmert teils die Sätze in einem dichten Staccato raus, als ob ja nichts für einen Rapport vergessen werden sollte; zwischenzeitlich ist das schon auch perfekt, auf den Punkt, kein Wort zuviel und jedes einzelne davon akkurat besetzt, allerdings schaffen diese präzisen Sezierschnitte ab und an Stockungen im Lesefluss und v.a. Distanz, künstliche Kühle. Womöglich sogar absichtlich(?), wird doch Ausgrenzung von Gefühlen und Kontrolliertheit einiger Personen damit, in der Satzmelodie, die keine ist, wiedergespiegelt, od., z.B. bei den Einzelsequenzen um das Kind-aus-häuslicher-Gewalt, da verkörpert diese verstörende Arrhythmie fast schon schmerzhafte Schläge, es läuft einem kalt den Rücken herunter. Es legt sich mit der Zeit. Ansonsten sorgen viele Dialoge für ausgleichende Abwechslung.

Zur „Person X“:

Warum gerade und ausgerechnet jetzt? Warum kam es nicht schon vorher zu einem Morden – das wurde nicht geklärt. Der Tathergang an sich, im Ausgang: so lala, nix genaues weiß man nicht. Ebenso: Warum eine Überprüfung von Alibis der speziellen Person einfach unterlassen, sie noch nicht mal als Hauptverdächtigte:r ins Visier zunehmen angeordnet wurde. Und, wie ein Jaguar, der kein Kombi ist, einen gr.Kühlschrank befördern können – oder wann „X“ so kurzfristig und abgelegen auf dieses dann wohl abgestellte Gerät aufmerksam geworden sein soll? WANN verstarb Ludwig Vogel in der Haft? (Wäre es erst unlängst gewesen, könnten die Artikel darüber in den Zeitungen der Auslöser zu den Taten gewesen sein…).

Das Finale nimmt beinahe zu schnell an Tempo auf und wird zu rasch zum Ende gebracht. Denn, es folgen so gar keine nachbetrachtenden Statements dazu von „Person X“.

Ob jeweils eine volle Mordabsicht vorlag, eine eingehendere Analyse dazu, das hätte doch noch drin sein müssen!, das war mir zu übereilt abgeschlossen, v.a. bei DER Akribie, die der Autor stellenweise betreibt. Diese muss dann auch durchgängig durchgezogen werden ( -- NUR als Bsp., zum Vgl.: es werden zwei Parfums klassifiziert, genauso der Wein, der Whiskey wiederum bleibt nur Whiskey ohne Produktplazierung, und doch war er so lecker dass alles ausgetrunken wurde -- das passt nicht, auch hier gehört konsequenterweise eine genaue Bezeichnung her, und wenn sie nur erfunden sein sollte.)

Jennys unreife oder trotzige Art (Stichwort: Kiffen) ließ mich kopfwehschüttelnd aufstöhnen, in lauten Seufzern. Genauso wie am Anfang des Buches die beiden Zeugen, die in ihrem Verhältnis zueinander fast schon wieder das der Jenny mit ihrem dealenden Freund wiederholten – das wirkte doppeltgemoppelt.

Mehr Infos, detailliertere Recherche in 'die Marine' (zBsp. Genaueres zu einer Korvette, Einsätze, Strukturen, Auswahlverfahren, …) – das hätte ich bei Kauf-Entscheidung dieses Buchs schon auch erwartet. Zudem läßt die Begrifflichkeit etwas die Stirn runzeln, so ist von Bundesmarine die Rede, seit der Wiedervereinigung ist „Deutsche Marine“ gebräuchlich.

Die Liebe des Autors zu München belegt, dass er keine Ecke noch Stadtteil selbst Straßenader unerwähnt lassen möchte, das läßt Heimweh gleich Wiedersehensfreude aufkommen bei ehemaligen Einwohnern, aber hat stellenweise zu sehr den Charakter eines eingeborenen Taxifahrers, der sich bestens auskennt, oder aus einem Stadtfaltplan zitiert.

 

* * * F A Z I T: * * *

Von einem Trauma kann man sich nie befreien, aber es ist unumgänglich, es zu greifen, sich ihm zu stellen, damit man damit leben lernt.

Die Aufklärungsquote der Münchner Mordkommission liegt bei weit 90% - und doch gibt es Fälle, die heute noch auf ihre Antworten warten… der aus Christoph Wortbergs Feder, und im Marine-Milieu scheinbar angesetzte, wird durch Katja Sands Beharrlichkeit und enormen Einfühlungsvermögen gelöst. Hingegen verschanzt sich ihr eigener Albtraum vor ihr noch im Nebel.

WIE SCHWER es ist, an ein Trauma heranzukommen und wie wichtig, dass es gelingt, bildet Hypozentrum dieses Buches. Das Psychogramm der Person, die für die Morde verantwortlich zeichnet, baut der Autor dergewaltig erschreckend nah auf, dass es einem das Herz wie in einer Faust zerdrückt. Dieser Krimi mit Thrill zeugt von True Crime-Charakter, wobei dem Fall nur knapp die Hälfte gewidmet ist, Katja die andere dominiert. Was nicht unbedingt schlecht ist - wären die Ermittlungen und Angeschnittenes nur ausgebaut worden. Weniger Ex, stattdessen eine gründlichere Spiegelbeleuchtung zwischen Katja und zur ‚gesuchten mordenden Person‘ - DAS wäre m.E. fesselnder gewesen.

Mit seinem Auftaktband einer Trilogie „TRAUMA: Es gibt kein Entkommen“ versucht sich der Autor wirklich intensiv mit dem komplexen Themenfeld Trauma, einem noch immer weiterhin unterschätzten Krankheitsbild, auseinanderzusetzen, wobei er sogar die Historie einbezieht.

Wem in diesem Zusammenhang Dissoziation und Reinszenierungen weniger ein Begriff sein sollte, wen die Frage umtreibt, inwiefern ein Trauma überhaupt bewältigt werden kann, wer sich mit Vor- u. Nachteilen von Resilienz und Schmerzunempfindlichkeit beschäftigen möchte, der erlebt mit diesem Band erste Aufklärung oder könnte zumindest ein sich annäherndes Verständnis dafür entwickeln.

Dass Christoph Wortberg das mit den Folgebänden 2 und 3 toppen wird, erwarte ich mit Spannung - der Grundstock dazu wurde hiermit gelegt.

Bewertung: 3,5 Sterne