Rezension

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Geigen der Hoffnung - Titus Müller, Christa Roth

Geigen der Hoffnung
von Titus Müller Christa Roth

Bewertet mit 5 Sternen

Die Werkstatt steht voller altere Geigen, denen Mosche Weinstein ein neues Zuhause gegeben hat. Viele von ihnen waren Eigentum von Menschen, die aufgrund ihres jüdischen Glaubens oder als Häftlinge im Zweiten Weltkrieg ihr Leben in einem KZ verloren haben. Meist hat nur ihre Geige überlebt. Nach Mosches Tod folgt der Geigenbauer Amnon Weinstein der Familientradition und restauriert in Tel Aviv mit Hingabe und viel Geduld seit fast 40 Jahren alte Geigen, die jede auf ihre eigene Art die Geschichten ihrer Vorbesitzer erzählen. Amnon erweckt diese Musikinstrumente zu neuem Leben, damit sie mit ihrem Klang auf ihre ganz persönliche Weise das Schicksal ihrer ehemaligen Eigentümer in die Welt hinaustragen. Viele dieser Geigen lassen ihr Lied in Konzerten und auf Veranstaltungen erklingen, um die Erinnerungen an die Toten lebendig zu halten sowie die Menschen zu mahnen, niemals zu vergessen...

Der Autor Titus Müller hat in Zusammenarbeit mit der Journalistin Christa Roth „Die Geigen der Hoffnung“ vorgelegt, dessen Geschichte den Leser von Beginn an fasziniert und gleichzeitig innerlich sehr berührt. Neben den Informationen, die Christa Roth aufgrund ihrer zahlreichen Besuche bei Amnon Weinstein zusammengetragen hat, steuert Titus Müller eine fiktive Geschichte bei, die auf wahren Tatsachen fußt und von den beiden musisch begabten Brüdern Stani und Marek erzählt, die das KZ Dachau überlebten und dort im Lager musiziert haben. Der wunderbar feinfühlige und fesselnde Erzählstil gewährt dem Leser nicht nur Eintritt in Amnon Weinsteins Geigenwerkstatt, sondern lässt ihn auchmit Stani und Marek einen erschütternden Aufenthalt in Dachau miterleben, wo einzig die Musik die Menschen am Leben hielt, ihnen ein Licht der Hoffnung spendete und ein gewisses Maß an Stärke, diese abgrundtief böse Hölle der Nazis irgendwie zu überleben. Was die beiden Brüder erleben, schnürt einem beim Lesen die Luft ab, lässt einen erschauern und beten, dass das Böse an ihnen vorbeizieht. Die Tatsache, dass die Nazis die Musik dazu benutzten, sich so manchen Häftling gefügig zu machen, ist kaum zu begreifen, denn gerade die Musik sollte immer ein Hoffnungsbringer, eine Begegnung sein, die man gerne teilt und nicht mit dem Grauen in Verbindung bringt. Christa Roths Recherche über Amnon Weinstein ist eine wunderbare Ergänzung zu Müllers Geschichte, denn die Tatsache, dass die alten Geigen immer noch ihr Lied in die Welt tragen, zeugt von der Verbundenheit mit den Toten und das respektvolle Gedenken an deren Fußabdrücke auf diesem Planeten.

Als besondere Zugabe gibt es nicht nur ein aufschlussreiches Nachwort, sondern einige Fotografien, die neben Weinstein auch die Geigen zeigen, jede für eines von vielen Menschenleben, die niemals vergessen werden dürfen!

„Die Geigen der Hoffnung“ berühren tief im Inneren, sie erschüttern, sie rütteln auf, sie mahnen, aber sie klingen auch und tragen ihr emotionales Lied in die Welt, um die Erinnerungen wach zu halten. Wunderbar erzählt und unvergessen!