Rezension

Die Idylle trügt

Kleine Feuer überall
von Celeste Ng

Bewertet mit 3.5 Sternen

Der Roman Kleine Feuer überall von Celeste Ng handelt von dem Vorort Shaker Heights und seinen Bewohnern. Die noble Gegend scheint perfekt, aber im Laufe des Buches kann der Leser das Bröckeln der Fassade miterleben.

Das Buch beginnt direkt mit der Brandstiftung und dem Abbrennen des Hauses der Richardsons. Endlich ist etwas los in Shaker Height. Mich begeisterte gleich zu Beginn der nüchterne Schreibstil, besonders die ironische, tolle Beschreibung des noblen Vorortes mit all seinen zahlreichen Regeln. Ein gut gewählter Ausgangspunkt für eine Geschichte. Es entsteht eine tolle Balance zwischen heile Idealwelt und Wirklichkeit, die sich durchs gesamte Buch zieht. Die Charaktere im Buch sind zahlreich und vielschichtig. Pearl freundet sich mit allen Kindern der Familie Richardson an, die Kinder sind begeistert von Pearls einfacher Lebensweise und Pearl wäre gerne Teil der wohlhabenden Familienidylle. Durch die detaillierten Beschreibungen hat man das Gefühl, man sitzt mit den Richardsons gemeinsam im Wohnzimmer. Izzy, das schwarze Schaf der Familie, sticht aus der Familie heraus. Nichts an ihr passt zu den anderen und das macht sie für den Leser sehr sympathisch.

Der Spannungsbogen der Geschichte ist etwas lang, zwischendurch hat man den Brand schon wieder vergessen. Die Geschichte May-Lings schafft eine überraschende Wende. Sie wurde am Anfang nur kurz angesprochen, aber dahinter steckt eine tiefgründige, bewegende Geschichte. Der Leser fragt sich immer wieder, welche Geheimnisse die Menschen verbergen, jeder Einzelne von ihnen. Die Geschichte May-Lings spaltet die idyllische Wohngegend in zwei Lager, die Fassade bröckelt nach und nach. Die unterschiedlichen Einstellungen der Personen zum Thema Moral und „das Richtige tun“ machen das Buchs o interessant und eröffnen neue, vielschichtige Perspektiven. Teile der Handlung sind vorhersehbar, aber dennoch spannend erzählt. Jeder Charakter hat seine eigene Geschichte, ohne dass sie mit der Gesamthandlung kollidiert oder es unübersichtlich wird. Das Buch ist sehr gut durchdacht.

Anfang dachte man, es geht um Izzy, aber der Brand war nur der Ausgangspunkt für viele weitere Geschichten. Mias Vergangenheit ist spannend, die Geschichte entfernt sich meiner Meinung nach zu sehr von Shaker Heights, zwischenzeitlich hat man das Gefühl ein ganz anderes, neues Buch zu lesen. Die verschiedenen Geschichten sind sehr gut aufgebaut und erzählt, für mich stören sie aber etwas den gesamten Lesefluss des Buches. Die Erzählungen sind so gut, dass man ganz in sie versunken ist und die Urprungshandlung vergisst. Das Buch endet mit einem großen Showdown zwischen Mia und Mrs. Richardson.

Leseempfehlung, klar strukturiert, sehr gut aufgebaut, nimmt den Leser mit in eine vermeintlich idyllische Vorstadt.