Rezension

...die Leiden des jungen Bythell!

Tagebuch eines Buchhändlers - Shaun Bythell

Tagebuch eines Buchhändlers
von Shaun Bythell

FREITAG, 22. AUGUST

Online Bestellungen: 3 / Gefundene Bücher: 2

Nach dem Mittagessen bin ich zu meinen Eltern gefahren, um ein Gewehr zu holen und damit auf einen Kindl zu schießen (kaputter Bildschirm, für 10 Pfund auf eBay erstanden). Es war unglaublich befriedigend, ihn in tausend Stücke zu ballern.

Einnahmen insgesamt: 296,47 Pfund / 20 Kunden

„The Bookshop“ ist die größte Buchhandlung für antiquarische Bücher in Schottland und ein Mekka für Buchliebhaber. Damit alles (manchmal mehr, meistens weniger) reibungslos läuft ist viel Arbeit, Herzblut und eine enorme Portion Humor von Nöten. Der Inhaber Shaun Bythell hat von allem zuhauf und lässt uns anhand seines Tagebuchs am ganz normalen Wahnsinn eines Buchhändlerlebens teilhaben. Statt romantischer Verklärung gibt es hier einen kurzweiligen aber durchaus realistischen Einblick ins Alltags-Geschäft: skurrile Kunden, vorlaute Angestellte, Kampf mit den großen Anbietern und ihren Online-Portalen, Ärger mit der Technik, der Post oder sonstigen Unvorhersehbarkeiten.

Ich staunte über Bythells Ideenreichtum, um sich und den Laden durch die täglichen Untiefen zu lotsen. Der Tagebuch-Schreiber passt in seiner kauzigen, liebenswerten Art hervorragend in das Ambiente eines Antiquariats und vergisst nicht, mit Ironie vom eigenen Scheitern zu berichten.

Kontinuierliche Handlung, Spannungsbogen, Weiterentwicklung des Handlungspersonals: Dies sucht die geschätzte Leserschaft hier vergeblich. Es ist eben „nur“ ein Tagebuch, wie es ja auch auf dem Cover steht: „Drin ist was drauf steht!“ So ist die Länge der einzelnen Einträge auch stets überschaubar. Im Großen und Ganzen ist „Tagebuch eines Buchhändlers“ sehr kurzweilig zu lesen, amüsiert und bietet sich wunderbar für die Lektüre zwischendurch an – ohne das die Gefahr besteht, den Faden zu verlieren und nicht mehr in die Handlung hineinzufinden (Handlung! Welche Handlung?). Leider birgt dies auch die leise Gefahr, in Beliebigkeit abzugleiten, da sich vieles wiederholt. Auch die Zitate von George Orwell aus „Erinnerungen an eine Buchhandlung“, die jedem Monat vorangestellt wurden, helfen da leider nur bedingt.

Die Tätigkeiten eines Buchhändlers sind eben alles andere als glamourös sondern eher von einer immer und immer wiederkehrenden und sich ständig wiederholenden Routine gekennzeichnet. Und doch aller erwähnten Untiefen bleibt die Botschaft unumstößlich: Der Besuch eines Buchladens, der von Büchermenschen mit Herz und Leidenschaft geführt wird, ist ein Erlebnis für alle Sinne und kann durch keinen Klick in einem Online-Shop ersetzt werden.