Rezension

Die Liebe spürte seinen Blick

Das Sacher
von Rodica Doehnert

Bewertet mit 4.5 Sternen

Wien 1892: Anna Sacher will das aufstrebende Hotel nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes weiterführen. Resolut und gegen alle Widerstände erklimmt die junge Witwe den Platz der Prinzipalin: »I’ bin der Herr im Haus!« Während Anna Sacher, Zigarre rauchend, umgeben von einer Schar Bullterrier und gemeinsam mit ihrem treuen Personal das Hotel zu einer Legende macht, ringen zwei Paare, die unterschiedlicher nicht sein könnten, in einer Ménage à quatre um seelische Reifung. Nach Das Adlon. Eine Familiensagawerden erneut die Räume eines legendären Hotels zum Schauplatz eines bewegenden Figurenreigens. Der Roman von Rodica Doehnert, den sie auf der Grundlage ihres eigenen mitreißenden Drehbuchs für den großen TV-Zweiteiler für die Constantin Film schrieb, folgt seinen Figuren durch den Niedergang der europäischen Monarchie in all die Widersprüche des 20. Jahrhunderts. Ein packendes emotionales Drama entspinnt sich zwischen den Suiten und Séparées des Hotels Sacher, als sich ein Berliner und ein Wiener Paar dort begegnen. Die schicksalhafte Verbindung dieser vier Menschen droht außer Kontrolle zu geraten, als ein düsterer Entführungsfall in den Gassen Wiens Aufsehen erregt. Was hat das verschwundene Mädchen mit dem glanzvollen Hotel zu tun?

Auf dieses Buch wurde ich per Zufall aufmerksam, eine Youtuberin hatte es sich zu Weihnachten gewünscht und bekommen. Da sie von dem Buch schwärmte, obwohl sie es selbst noch nicht gelesen hatte, musste ich es unbedingt lesen. “Das Sacher” wurde als Zweiteiler im ZDF ausgestrahlt, unter anderem mit Josefine Preuß. Da “das Sacher” nur als Bühne genutzt wird, sollte man nicht enttäuscht sein, dass man über die Familie nur sehr wenig erfährt. Wer aber gerne mehr über das Leben der Anna Sacher lesen möchte, der sollte sich “Anna Sacher und ihr Hotel” von  Monika Czernin anschauen.

Wer kennt die berühmte Sacher Torte nicht?

“Während  sie, die Liebe, auf einem Sofa im Vestibül Platz nahm, hatte sie Zeit und würde warten, erklomm er, der Tod , mit einem geübten die kleine Mauer und schwang sich hinauf zum ersten Stock des Hotels, wo der Patron, noch keine 50 , im Sterben lag” ( 10/11)

Gleich zu Beginn des Buchs gibt es das Rezept der berühmten, österreichischen Torte. Wir schreiben das Jahr 1892, der Besitzer des zukünftigen Hotel Sachers stirbt, gleichzeitig wird Marie, Putzhilfe, auf offener Straße entführt und kann sich gerade noch in der Wiener Oper in Sicherheit bringen. Doch der Abend sollte noch das Leben vier weiterer Personen grundsätzlich verändern. Zwei Ehepaare, die von Traunsteins und das Ehepaar Aderhold (aus Berlin) treffen sich für wenige Augenblicke. Martha und Maximillian Aderhold trafen im Hotel de L’Opera um dort ihre Flitterwochen zu verbringen. Gleichzeitig wollen sie für ihren neu gegründeten Verlag Autoren gewinnen und Konstanze von Traunstein (die unter dem Name Lina Stein) wird eine ihrer Autorin werden.

Nach dem Tod ihres Mannes muss Anna Sacher um ihre Konzession bangen, diese war an ihren Mann gebunden. Doch Anna Sacher, Mutter dreier Kinder, kämpft für ihre Familie und deren Zukunft und sie beschließt den Namen des Hotels in “das Sacher” zu ändern. Das Hotel wird zur Bühne, auf der sich alle begegnen: Kaiserin Sissi, Kronprinz Rudolf, Schnitzler, Klimt, Mahler, die Rothschilds und Wittgensteins unod auch für die beiden Ehepaare wird das Sacher zur Bewährungsprobe, da Konstanze und Maximillian eine Affäre beginnen.

Rodica Doehnert erzählt die Geschichte, wobei das eigentlich aus germanistischer Sicht nict korrekt ist, in drei großen Abschnitten (von 1892 bis 1914). Viele Sachen werden dabei raffend beschrieben, wo ich mir gewünscht hätte, mehr Informationen zu bekommen. So stirbt Annas Tochter und es wird beiläufig erwähnt. Anfangs, als der Tod ins Spiel kam, musste ich ein bisschen an “die Bücherdiebin” denken, denn in diesem Buch wird die Handlung aus Sicht des Todes geschrieben. Daher fand ich es umso schöner, dass die Liebe und der Tod nicht als Antagonisten wirken, sondern harmonisch miteinander auskommen.

“Der Tod betrachtete die Liebe, wie sie neben dem Paar saß. Und er sah den Raum, den sie bereithielt. Das machte ihn sicher. Denn was wäre ER, der Tod, ohne SIE, die Liebe. Die Liebe spürte seinen Blick” (S.331).

Auf Grund solcher Sätze habe ich das Buch förmlich verschlungen, auch wenn wir das Erzähltempo zum Teil ein wenig zu hektisch war. Aus dem Stoff, der das Buch bereit hält, hätte man mehr machen können. Da ich mich aber ansonsten gut unterhalten gefühlt habe, bekommt das Buch 4,5 von 5 Sternen.  Wer kenne Familiengeschichte liest, wird auch dieses Buch gerne lesen. Allerdings sollte man sich bereist im Voraus im Klaren sein, dass “das Sacher” nur als Theaterbühne dienst, ansonsten könnte man vom Buch enttäuscht sein.