Rezension

Die Liebe zeigt sich von ihrer dunklen Seite

Ewig Dein - Daniel Glattauer

Ewig Dein
von Daniel Glattauer

Bewertet mit 4 Sternen

Beruflich läuft für Judith alles wunderbar, denn mit ihrem kleinen Lampengeschäft kommt sie gut über die Runden. Ihr Freundeskreis sorgt dafür, dass sie sich auch im Privatleben nicht zu langweilen braucht. Doch Judith ist Single und träumt insgeheim davon, einen passenden Partner an ihrer Seite zu haben. Als sie beim Einkaufen den sympathischen Hannes kennenlernt, scheint sie dem Ziel ihrer Wünsche näher zu kommen. Denn Hannes ist total verrückt nach Judith. Er liest ihr jeden Wunsch von den Augen ab und trägt sie förmlich auf Händen. Auch im Freundes- und Familienkreis kann Hannes punkten. Alle sind begeistert von seiner aufmerksamen und zuvorkommenden Art. Die Familie sieht in ihm schon den vorbildlichen Ehemann für Judith. Doch die ist sich nicht sicher, ob sie den perfekten Hannes überhaupt liebt. Denn seine Liebe nimmt ihr beinahe den Atem und scheint sie zu erdrücken. Hannes ständige Nähe entwickelt sich für Judith zu einer Belastung. Sie zieht die Konsequenz und trennt sich von ihm. Im Freundes- und Familienkreis sorgt ihre Entscheidung für Unverständnis. Schon bald muss Judith feststellen, dass Hannes die Trennung nicht akzeptieren kann und mit aller Macht zu ihrem Leben gehören möchte....

Meine Meinung

In fünfzehn Phasen verfolgt man Judiths und Hannes Geschichte. Zunächst hat man das Gefühl, einen harmlosen und netten Liebesroman zu lesen. Die Atmosphäre ist hell und beschwingt. Außerdem kommt es zu humorvollen Szenen, sodass man amüsiert beobachtet, wie sich die beiden immer näher kommen. Der Familien- und Freundeskreis wird lebendig beschrieben. Dadurch bekommt man einen guten Eindruck, wie Hannes langsam ein Teil davon wird und wie er auf die verschiedenen Personen wirkt. Alle scheinen sich einig zu sein, dass Hannes der perfekte Partner für Judith ist. Nur bei Judith selbst schleichen sich langsam erste Zweifel ein. Denn Hannes erdrückt sie mit seiner Liebe und nimmt ihr den Raum sich zu entfalten. Zu diesem Zeitpunkt wandelt sich auch die Grundstimmung der Erzählung. Denn schon bald wird klar, dass Hannes Liebe bedingungslos und ewiglich ist.

Hannes Versuche, Judith davon zu überzeugen, dass ihre Beziehung eine Zukunft hat, wirken nicht zurückhaltend und sanft, sondern fordernd und beklemmend. Er gibt Judith das Gefühl, stets bei ihr zu sein und kann auch ihren Verwandten- und Freundeskreis für seine Zwecke gewinnen. Denn niemand außer Judith scheint zu bemerken, mit welchem Fanatismus der abgewiesene Hannes seine Traumfrau verfolgt. Es gelingt ihm, Judith an den Rand des Wahnsinns zu treiben. Dabei macht er weiterhin einen netten und sympathischen Eindruck. Beim Lesen hat man sogar das Gefühl, dass Judith eventuell zu negativ und voreingenommen auf den armen Mann reagiert. Überraschende Wendungen sorgen dafür, dass man bald nicht mehr weiß, was man glauben soll. Die düstere Grundstimmung ist nun allgegenwärtig. Durch die aufgebaute Spannung entwickelt die Erzählung eine sogartige Wirkung, sodass man sich kaum noch vom Gelesenen lösen kann. Die Auflösung ist überraschend, doch schon fast etwas zu kurz. Zunächst überschlagen sich die Ereignisse, um dann abrupt und relativ lahm zu enden. Auf den großen, finalen Paukenschlag wartet man leider vergeblich.

Dieser Glattauer unterscheidet sich deutlich von seinen Vorgängern "Gut gegen Nordwind" und "Alle sieben Wellen". Denn die Liebe, mit der Judith hier konfrontiert wird, zeigt sich von einer düsteren und unheimlichen Seite. Dennoch gelingt es dem Autor auch in diesem Werk hervorragend, die Stimmungen einzufangen und glaubhaft zu vermitteln. Durch eingestreute Dialekte ist man sich außerdem stets bewusst, dass sich diese dunkle Liebesgeschichte in Wien zuträgt. Die handelnden Charaktere sind facettenreich und wirken sehr lebendig. Man kann sich gut in sie hineinversetzen und mit ihnen mitfiebern.

Auch wenn mich das Ende nicht vollkommen überzeugen konnte, vergebe ich begeisterte vier Sterne und eine klare Leseempfehlung.