Rezension

Die Macht mancher Menschen über andere

Normale Menschen - Sally Rooney

Normale Menschen
von Sally Rooney

Bewertet mit 3.5 Sternen

In Sally Rooneys zweiten Roman geht es um Marianne und Connell, die zusammen zur Schule gehen. Kurz gesagt, Marianne ist reich, aber unbeliebt und Connells Familie ist finanziell nicht so gut aufgestellt, er freut sich aber einer gewissen Beliebtheit unter seinen Mitschüler*innen. Die beiden fangen eine heimliche Liebesaffäre an. Diese Verbindung ist Schicksal für sie beide, denn auch wenn es  eine ständige On-/Off-Geschichte ist, bleiben die beiden auch nach der Schule über die Jahre hinweg miteinander verbunden. 

Connell und Marianne verbindet viel. Sexuelle Anziehung, Freundschaft, emotionale Verbundenheit, aber auch gewisse Machtverhältnisse spielen eine Rolle. In vielen Episoden, oft liegen Monate zwischen den erzählten Phasen, entfaltet sich ein komplexes und doch so einfaches Beziehungsgeflecht, das auf einen Höhepunkt hinarbeitet. Einen richtigen Höhepunkt gibt es aber dann leider nicht und ab der Mitte verliert sich die Geschichte in Belanglosigkeiten, was vorher so klar wirkt, wird plötzlich extrem distanziert. Connell und Marianne rücken in weite Ferne, als Charaktere und das Gefühl für ihre besondere Beziehung. Kapitelweise wechseln die Perspektiven zwischen den beiden und man bekommt einen sehr schönen Einblick in ihre Gefühls- und Gedankenwelt. In der Beziehung wird vieles nicht angesprochen und ausgesprochen, was das Ganze eben so kompliziert macht. Irgendwie sind Connell und Marianne ein Abbild der derzeitigen Generation und ihren Beziehungen, die in ihren 20ern lebt. Rooney hat ihre Protagonisten mit einer schonungslosen Ehrlichkeit ausgestattet und verschönigt auch nichts. Die behandelten Themen lasten schwer auf der ganzen Geschichte. Einfache und leichte Szenen gibt es selten. 

Rooneys Schreibstil tut das übrige für die Geschichte. Sie schreibt sehr kühl und schmucklos. Ungewohnt war für mich anfangs, dass die direkte Rede nicht extra gekennzeichnet ist. Trotzdem hat sie es geschafft, mich mit ihrem Stil und ihren spannenden Charakteren in den Bann zu ziehen, jedenfalls bis zur Mitte des Romans. In der Einfachheit liegt dann doch ein gewisser Reiz und ich wollte wissen, wie es mit den beiden ausgeht. Durch die vielen Zeitsprünge wird auch viel aus der Vergangenheit erzählt, diese Wechsel sind manchmal etwas verwirrend, weil es sehr fließend passiert, aber sie halten die Spannung über diesen langen Zeitraum aufrecht. 

 

Fazit

Ein bedrückender Roman, der die Entwicklung einer besonderen Beziehung zwischen zwei Menschen verfolgt. Bis zur Mitte konnte mich die Geschichte in ihren Bann ziehen. Danach verliert sie leider einiges von ihrem Reiz. Connell und Marianne werden aber noch ein Zeit lang nachhallen, ihre persönliche Entwicklung so wie ihre Beziehung haben etwas Aufwühlendes und geben mir was zum Nachdenken.