Rezension

Die Rebellin

Peggy Guggenheim und der Traum vom Glück - Sophie Villard

Peggy Guggenheim und der Traum vom Glück
von Sophie Villard

Bewertet mit 5 Sternen

1937-1942, Paris-London-New York. Peggy Guggenheim entstammt einer wohlhabenden Familie und kann sich als reiche Erbin so manche Auswüchse leisten, die anderen vorbehalten bleiben. Als Kunstliebhaberin bewegt und genießt sie das bunte Treiben der skurrilen Künstlerbohème und jagt von einer Abendgesellschaft zur nächsten. Ihren Traum von einer eigenen Galerie lässt sie dabei nicht aus den Augen, denn damit könnte sie ihre beiden größten Wünsche erfüllen: mit der Kunst ihre Unabhängigkeit zu erreichen. Aber immer wieder kommt ihr die Liebe dazwischen. Als geschiedene Frau mit zwei Kindern verliebt sie sich erst in den anziehenden irischen Schriftsteller Samuel Becket, wobei die Beziehung nicht lange währte. 1938 hat sie ihr Ziel von einer eigenen Galerie erreicht, die sie mit dem Namen „Guggenheim Jeune“ in London eröffnet. In Max Ernst findet sie während des Zweiten Weltkrieges ihren zweiten Ehemann, wobei die Ehe ebenfalls unter keinem guten Stern steht, während Peggy vielen Künstler die Flucht aus Europa ermöglicht…

Sophie Villard hat mit „Peggy Guggenheim und der Traum vom Glück“ ein wunderbares Abbild der Pariser Künstlerszene der 30er abgeliefert, während sie der herausragenden Persönlichkeit von Peggy Guggenheim liebevoll Rechnung trägt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil erlaubt dem Leser eine Zeitreise ins vergangene Jahrhundert anzutreten, wo er die elitäre Peggy Guggenheim kennenlernen und mit ihr so manche Reise sowie Abendgesellschaft im Kreis der damals sehr lebendigen Kunstszene besuchen darf. Aufgrund ihrer sehr guten Vernetzung trifft man mit Guggenheim auf Beckett, Ernst, Joyce, Tanguy und Kandinsky, die noch heute herausragende Namen ihres Schaffens sind. Die akkurate und vor allem akribische Recherche der Autorin setzt nicht nur die Person Peggy Guggenheim wunderbar in Szene, sondern verknüpft hervorragend den historischen Hintergrund mit ihrer Handlung. Sie zeichnet ein tiefgründiges und opulentes Gesellschaftsbild der damaligen Kunstszene, die nicht nur auf Peggy Guggenheim großen Eindruck macht, sondern auch den Leser mit dem Wunsch beseelt, diese Phase miterlebt zu haben, was Villard mit ihrer Geschichte sehr gekonnt ermöglicht. Peggys Wohltaten für die Kunst und vor allem für die Künstler sind nicht hoch genug zu bewerten, auch wenn sie mit ihrer eigenen Galerie eher Schiffbruch erlitt.

Villard hat mit ihrer Protagonistin Peggy Guggenheim eine lebendige, nahbare Frau zum Leben erweckt, die sich selbst treu blieb. Sie hat ihre Liebe zwar immer an Egomanen verschenkt, die diese nicht dementsprechend erwiderten, doch sie kämpfte für ihre Unabhängigkeit und ihre Träume. Peggy scheint oftmals furchtlos und selbstsicher, doch insgeheim ist sie eine verletzliche unsichere Seele, die sich nach Liebe sehnt. Ihr großes Herz und ihr Wagemut retteten vielen Künstlern das Leben, die zur Flucht vor den Nazis gezwungen waren. Peggy ist es zu verdanken, dass man heute Bilder eines Wassily Kandinsky oder eines Max Ernst überhaupt genießen kann, denn ihre Bilder wurden bei den Nazis als entartete Kunst deklariert und zur Vernichtung freigegeben. Der charismatische irische Schriftsteller Samuel Beckett lebt ebenfalls für seine Kunst, die Liebe zu Peggy ist für ihn eher zweitrangig.. Max Ernst dagegen gelingt es sogar, dass Peggy ihn heiratet, aber auch hier stehen sich zwei Persönlichkeiten gegenüber, wo einer hätte zurückstecken müssen, und das war mit Peggy nicht zu machen, sie hielt an ihren Träumen unerschütterlich fest.

„Peggy Guggenheim und der Traum vom Glück“ ist ein wunderbarer, tiefgründiger und anspruchsvoller historischer Roman, in dem eine herausragende Kunstmäzenin zum Leben erweckt wird und der der Leser regelrecht an den Fersen klebt. Absolute Leseempfehlung für ein besonderes Lesehighlight, sehr gut gemacht – Chapeau!!!

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