Rezension

Die Reise ins Herz der Bücherwelt und vieler Konflikte

Die Seiten der Welt - Nachtland
von Kai Meyer

Bewertet mit 4.5 Sternen

INHALT:

„Schon seit Wochen roch Furia nach Büchern: Sie war auf dem besten Weg, eine erstklassige Bibliomantin zu werden.“

 

Immer tiefer dringt Furia in die magische Welt der Bücher vor. Das Reich uralter Bibliotheken und phantastischer Geschichten wird von den tyrannischen Drei Häusern regiert. Von einem geheimen Ort aus, dem Sanktuarium, herrschen sie über die Geschicke aller Bibliomanten und Exlibri. Doch Furia und ihre Gefährten leisten Widerstand. Um ihre Welt von den Unterdrückern zu befreien, begeben sie sich auf die gefährliche Suche durch die verborgenen Refugien nach dem Zentrum der Macht – und stoßen auf das größte Geheimnis der Bibliomantik.

 

 

EIGENE MEINUNG:

Schon beim ersten Band dieser Trilogie ist es mir unglaublich schwer gefallen den Klappentext mit eigenen Worten wieder zu geben. Hier bei Band 2 habe ich es aufgegeben! ;) Kai Mayer hat einfach einen unglaublich tollen, atmosphärischen Schreibstil und schafft es darin exakt genug bzw. keine Worte zu viel zu verlieren. Ich für meinen Teil konnte mich so gut an die Geschehnisse des 1. Teiles erinnern und war vor allem gespannt auf das Saktuarium und das Geheimnis in den verborgenen Refugien!! Leider waren diese allesamt eher erschreckend realistisch, als Orte der Erholung. ;) Die von Kai Meyer geschaffene Welt ist dabei grandios beschrieben und erscheint wahrhaft unendlich.

 

Das Cover ist wieder einfach wunderschön und wirkt mit den helleren Farben diesmal fast magisch. Die feinen Linien erinnern mich an Libellenflügel und ich liebe die kleinen Details. Auch auf den Innenseiten und ohne Schutzumschlag ist das Buch wieder traumhaft gestaltet. Besonders mag ich es, wie die Bücher der Reihe zusammen passen und wirken!

 

Dieser Teil beginnt ca. ein halbes Jahr nach dem vorangegangen Band und das hat mich im ersten Moment doch etwas irritiert. Sicher war der Sprung gut, damit sich alles setzen konnte und keine Langeweile aufkam, aber mich hat es erst mal vor vollendete Tatsachen gestellt. Ein bisschen hatte ich auch das Gefühl etwas in Furias Entwicklung verpasst zu haben. Denn das tut sie definitiv: Sich entwickeln! Ich mag ihren Charakter nach wie vor gerne und leide mit ihr, wenn sie vor allem ihren geliebten Bruder für ihre Überzeugung zurück lassen muss. Die Personen um sie herum sind extrem vielfältig und das bringt Spannung ins Spiel, weil durchaus nicht alle Personen einer Meinung sind! Ihnen wird viel Zeit zur Entfaltung und dem Leser zum Kennen lernen ihrer Geschichten gegeben. Es ist und bleibt wie ich es von Kai Meyer kenne: Seine Bücher sind alles andere als rosarot, harmonisch und sanft. Im Gegensatz zu den vielen oberflächlichen und leichten Fantasy-Büchern dieser Zeit muss man hier immer mit dem schlimmsten rechnen und sich mit dem Realismus seiner Welten auseinander setzen. Für mich tatsächlich nicht immer leicht, aber es ist im Großen und Ganzen einfach auch eine Geschichte des Widerstands.

 

Der Schreibstil war gewohnt angenehm zu lesen, wenn auch teils etwas langsam. Die Geschichte selbst ist mittlerweile sehr komplex und man verfolgt immer wieder andere Handlungsstränge. Dabei kommt man durchaus stetig voran, erfährt Neues, begreift Zusammenhänge, muss aber auch bittere Verluste hinnehmen… Auch einige Zeit nach Beendigung des Buches hat mich so manches davon noch nicht ganz losgelassen. Außerdem war ich mir manchmal nicht sicher in wie weit die einzelnen Erzählungen parallel zueinander ablaufen oder zeitlich versetzt sind.

Die Bibliomantik bleibt weiterhin eine wundervolle Idee, aber es ist eben nicht alles Gold, was glänzt. Die dunklen Seiten haben für mich in diesem Teil schon auch eine düstere Stimmung verbreitet und die schönen Seiten der Buchliebe fast völlig verdrängt.

Was ich trotzdem weiterhin als sehr angenehm empfunden habe ist, dass hier nicht Furias Liebesgeschichte erzählt wird. Oft habe ich mir für sie zwar jemanden gewünscht, der zu ihr gehört und ihr zur Seite steht, aber es ist hier eben kein Zuckerschlecken. Und es gibt ja noch ihr Seelenbuch. ;) Dieses habe ich besonders geliebt, weil es einen Funken Humor in die Geschichte einziehen lässt. Den hat man als Leser manchmal wirklich nötig. Ich habe an einigen Stellen schon mit der Handlung, der Entwicklung oder dem Agieren einiger Charaktere gehadert. Ich weiß dies soll kein Wohlfühlbuch sein, aber manchmal war es keine reine Freude weiter zu lesen. Zugleich ist man durch den außergewöhnlichen Ideenreichtum aber auch beinahe gezwungen dabei zu bleiben. Ich bin jetzt mehr als gespannt auf das Finale – dieser Teil endet dafür mit einem harten Cliffhanger! Um dorthin zu kommen ist einerseits gefühlt sehr viel, andererseits sehr wenig passiert. Dieser Band ist schon auch auf eine Art ein typischer 2. Band und ich denke es wird sich erst im letzten Teil heraus stellen wie viel von dem hier Geschehenen doch wichtiger ist als zuerst gedacht. Für mich hat es auf jedenfalls einiges an Stoff zum Nachdenken über das Thema „Rebellion“ gebracht – hier zeigt sich für mich großartig, wie sie im Inneren aussehen kann, wenn Leute zusammen kämpfen, die alle unterschiedlich sind, bereit sind unterschiedliches zu tun, etc. Vielleicht ist dies für mich auch eine sehr gute Beschreibung für das Buch: Ein Eintauchen in vielfältigste Konflikte! Und diese zeigen sich nun größer als die einzelnen Charaktere um die es ursprünglich zu gehen schien. Manchmal war das zusammen mit den vielen Kämpfen für mich schon belastend.

 

Ich denke zwar nicht, dass es hier Neueinsteiger in die Reihe gibt, aber vorsichtshalber noch der Hinweis, dass definitiv mit dem ersten Teil begonnen werden muss. Die Geschichte baut aufeinander auf und ist meiner Meinung nach nicht einzeln zu lesen.

 

 

FAZIT:

Ein erneutes Eintauchen in eine komplexe, fantastische und doch so realistische Welt! Kein Ort/Buch für Leser die seichte, rosarote Fantasy erwarten. Es wird ernster, düsterer, verlustreicher – die Kämpfe nehmen zu. Aber es zeigt sich langsam auch ein Rahmen für die Handlung und ein Ziel für die Charaktere. Diesen wird viel Zeit zugestanden sich zu entwickeln und ihre Hintergründe zu ergründen. Dazu tauchen wir tiefer in die Bibliomatik, die Refugien und die adamitische Akademie ein.