Rezension

Die Saphirtür

Die Saphirtür - Stefanie Lasthaus

Die Saphirtür
von Stefanie Lasthaus

Bewertet mit 4 Sternen

England, 1957: Isla Hall, eine hübsche junge Frau ist bei dem reichen Ehepaar Alan und Victoria Austin auf dem exklusiven Landsitz Silverton House als Lehrerin für deren sechsjährige Tochter Ruby eingestellt. Schnell schließt sie das kleine Mädchen ins Herz und entdeckt, dass dieses sorgenfreie Leben für Ruby aus Regeln und Vorschriften besteht, denen sie ohne nennenswerten Widerspruch folgt, und welches mit Mauern aufwartet, die sie nicht zu durchbrechen versucht.

Aber das ist nicht das eigentliche Problem. Vielmehr ist Ruby in sich gekehrt und will nicht schlafen. Ihre Träume sind verschwunden, und Isla ist die einzige, der sie sich anvertraut, zumal das Interesse der Eltern, die mit Strenge agieren, auf ein Mindestmaß reduziert scheint. Nachdem Isla ihren Schützling beim Schlafen beobachtet hat, bestätigt sich deren Behauptung: Das Mädchen ist von geisterhafter Blässe und liegt wie leblos in ihrem Bett.

Hingegen sind Islas eigene Träume intensiv und verstörend, seit sie auf Silverton House lebt. Dazu kommen weitere rätselhafte und merkwürdige Ereignisse. In Rubys Zimmer taucht plötzlich eine in sanftem Blau schimmernde Tür auf, mit unzähligen Funken auf der Oberfläche, die an Saphire erinnern. Sie entpuppt sich als Zugang zu einer anderen Welt. Es ist eine magische Welt, in der Islas Träume real werden.

Als Isla bei Victoria Austin hinsichtlich der fehlenden Träume und der zu denken gebenden Entwicklung von Ruby auf taube Ohren stößt, versucht sie auf eigene Faust, das Geheimnis zu entschlüsseln, um Ruby zu helfen und um ihrem eigenen Seelenfrieden Genüge zu tun…

Mit ihrem Roman „Die Saphirtür“ führt Stefanie Lasthaus in das Jahr 1957, vermittelt ein anschauliches und reelles Bild dieser Zeit und verleiht dadurch der Handlung eine interessante Note. Denn ihre Protagonistin Isla, die mit mysteriösen Ereignissen konfrontiert wird, kann nicht mal eben im Internet nachlesen. Sondern sie muss in Büchern nachschlagen und auf die Hilfe ihres besten Freundes Andrew, eines Medizinstudenten, zurückgreifen, um sich das Geschehen erklären zu können. So erhält mit ihr auch der Leser einen Exkurs in das komplexe Thema Hypnose, Träume und Traummanifeste, muss hier jedoch konzentriert bei der Sache bleiben, um zumindest grundlegende Zusammenhänge zu begreifen.

Stefanie Lasthaus gelingt es, eine gespenstisch-unheimliche und teilweise bedrohliche Atmosphäre zu kreieren, die einen das eine oder andere Mal frösteln lässt. In der Düsternis der Traumwelt ist gut nachzuvollziehen, dass Isla sich beobachtet fühlt. Für sie ist das, was sie erlebt, zunächst nur ein Traum, und mit ihr tappt der Leser im Dunkeln, das sich im Verlauf lichtet...

Zum Gelingen der Geschichte tragen auch die hinsichtlich ihrer Bedeutung und Position unterschiedlich ausgestatteten Charaktere bei. Unbestreitbar steht Isla im Mittelpunkt. Und während es einigen Figuren – wie dem Ehepaar Austin – an Emotionen mangelt, hat Stefanie Lasthaus ihrer Heldin Isla eine Menge Gefühl verpasst.

Isla ist zunächst eher zurückhaltend und folgsam, sie beugt sich dem Druck der Austins. Allerdings nimmt sie von Anfang an ihre Fürsorgepflicht gegenüber Ruby sehr ernst. Mit der Zeit fällt es ihr immer schwerer, Abstand zu dem aufgeweckten und bezaubernden Mädchen zu wahren. Bedauerlicherweise mangelt es in Silverton Hall in hohem Maße an Zuneigung, vielmehr stehen Etikette und der Rosengarten mehr im Mittelpunkt. Das gesamte Leben des Ehepaars Austin ist ein einziger Plan. Sie reagieren allergisch auf Unregelmäßigkeiten, können mit den Gedanken, Wünschen und Träumen ihrer Tochter nichts anfangen und halten eine gewisse Distanz zu Ruby. Genau diese Distanz verbindet Isla mit dem kleinen Mädchen, denn in Bezug auf ihre Eltern teilen Ruby und Isla gewissermaßen dasselbe Schicksal.

Dagegen lehnt sich Isla zwar nicht offen auf, durch ihre Erlebnisse in der Traumwelt festigt sich indes ihr Charakter und sie reagiert selbstbewusster und weniger ängstlich.

Obwohl die Rollen von Gut und Böse auf den ersten Blick klar verteilt sind, verschwimmen die Grenzen durchaus. Vor allem mittels des Prologs ist es möglich, einer vermeintlich bösen Figur nahe zu kommen und die Handlungsweise ansatzweise zu verstehen.

Stefanie Lasthaus' Roman ist lebendig erzählt und mit ansprechender Dramatik ausgestattet, auch wenn zwischendurch der Spannungsfaktor abflacht. Sie verknüpft gelungen fantastische mit kriminalistischen Elementen. Sogar an eine Liebesgeschichte hat die Autorin gedacht, diese jedoch erfreulich zurückhaltend und divergierend von der Norm dargestellt. Hierzu passt das relativ offene Ende, das so manchen Leser unbefriedigt zurücklassen mag, gleichwohl aber einer eventuellen Fortsetzung Raum bietet.