Rezension

Die Schrecken in der Besserungsanstalt

Die Nickel Boys
von Colson Whitehead

Bewertet mit 3 Sternen

 

Die Nickel Boys sind inspiriert von einer real existierenden Besserungsanstalt in Florida, der Dozier School for Boys. Von 1900 bis 2011 fungierte die Schule als Institut für schwer erziehbare Jungs. Colson Whitehead lässt sich von dieser Geschichte leiten und entwirft fiktionale Geschehen, die den Missbrauch der Kinder illustriert.

Untermauert mit dem allgegenwärtigen Rassismus in den USA, verspricht das Buch eine spannende Geschichte um die Hauptfigur Elwood Curtis zu werden, der aufgrund von Justizwillkür in das Nickel geschickt wird. Es gibt einige Referenzen zu Martin Luther King, eine besondere Figur für Elwood, denn auch er hat einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und lässt sich stark von King beeinflussen. Amerika unter den Jim Crow Gesetzen, die Rassentrennung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens und dann die Figur Elwoods, der versucht, seine Würde und seine Humanität zu behaupten, der jedoch im Nickel seine Leidensfähigkeit stärken muss und sein innerer Konflikt wächst zwischen der Wut auf die Unterdrücker und dem Aufruf zur Liebe als die einzige Antwort, Martin Luther Kings Konzept der Agape.

So sehr mich die Themen und die Darstellung, die Struktur des Buches, der gekonnte Schreibstil und die Erweckung von Emotionen für das Buch eingenommen haben, so sehr störte mich das distanzierte Erzählverhalten, was im Verlauf zunahm und meine Verbindung mit dem Protagonisten verlieren ließ. Gerade die Verbindung zu der wichtigsten Figur ist wesentlich für das Mitfiebern eines Romans, deshalb kamen mir einige Stellen zu lang erzählt vor und irgendwie ohne Pepp. Das Buch stellt entscheidende Fragen und bearbeitet relevante Themen v.a. für die USA, bleibt aber zu distanziert und langatmig an den falschen Stellen.