Rezension

Die schützende Hand.

Die schützende Hand
von Wolfgang Schorlau

Bewertet mit 5 Sternen

Die schützende Hand.

Inhalt:
Der Privatermittler Georg Dengler bekommt von einer unbekannten Privatperson den Auftrag heraus zu finden, welche Umstände zu dem Tod der beiden NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos geführt haben, weil der Auftraggeber an der offiziell verbreiteten Version keinen Glauben findet.

Meine Meinung:
Ein Krimi – so spannend wie die Realität.
Die Realität – so „spannend“ wie ein Krimi.
Und beides sehr gut miteinander verwoben.

Das Thema ist ein ganz heißes Eisen,
sehr gut recherchiert
und mutig umgesetzt.

Was mir gut gefallen hat:
Der Autor bindet weitere hochinteressante politische Themen in seinen Roman ein:
Über den Verfassungsschutz:
„dass der Verfassungsschutz – also die Institution, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung schützen soll – in einer gefährlichen Nähe zu der Bluttat steht. Und dass er, statt der Polizei bei der Aufklärung zu helfen, die Ermittlungen systematisch behindert – mit Rückendeckung aus der Politik.“ (S. 143)
Dass Deutschland kein souveräner Staat ist:
Ausgehend vom Besatzungsrecht und dass das State Departement und die CIA zahlreiche Liegenschaften (Truppen, Flughäfen und Kommandozentralen) in Westdeutschland hatten und haben und auch die Verwobenheit der Geheim- und Nachrichtendienste (S. 158 – 162).

Was mir nicht so gut gefallen hat:
Die Protagonisten des Romans bleiben sehr flach;
der einzige, der mich als Person überzeugen konnte, war Dengler.
Denglers Vorgängerfälle kannte ich bisher noch nicht, deshalb kann ich schlecht einschätzen in wie weit Denglers Bar-Freunde schon länger dazugehören;
aber meiner Meinung nach hätte man auf diese Figuren gerne verzichten können.
Die Beziehung von Dengler zu seiner Freundin finde ich etwas unrealistisch;
und ihr Broterwerb als Taschendieb und Computerhaker geht meiner Meinung nach gar nicht.
Aber natürlich hat ein Autor jedes Recht seinen Roman so zu gestalten wie es ihm gefällt.

Insgesamt:
Der Roman ist sehr, sehr spannend geschrieben.
Man ist als Leser quasi in Echtzeit an der Rekonstruktion des Falles dabei.
Der Autor vermittelt sehr gut diese detaillierteste Kleinarbeit des Detektivs.

Und für alle Zweifler,
die nicht glauben können, dass es anscheinend immer wieder bestens funktioniert,
„dass man eine Lüge in die Welt setzten kann, wenn man die Geschichte nur groß genug aufzieht.“ (S. 134)
hat er die Erklärung sehr einleuchtend erläutert:
„ein Bekannter von mir ist Schriftsteller. Er schreibt Romane. Es sei ihm noch nie gelungen, in der ersten Auflage einen fehlerfreien Roman in die Buchhandlungen zu bekommen. Sobald das Buch verkauft wird, trudeln bei ihm E-Mails der Leser ein: ein Rechtschreibfehler hier, ein fehlendes Komma dort, vielleicht sogar ein logischer Bruch in der Geschichte. Er korrigiert das in der nächsten Auflage. Auch Geheimdienste erzählen uns Geschichten, sie inszenieren Geschichten. Manchmal gelingen sie, manchmal gehen sie schief […] Und im Unterschied zum Schriftsteller hat der Dienst nur einen einzigen Versuch […] passieren den Diensten beim Erzählen Fehler, kleine Fehler vielleicht, der Zeitablauf passt nicht, oder eine Patronenhülse zu viel liegt herum. Solche Fehler sind unvermeidlich […] doch wenn der Rest der Geschichte gut erzählt ist, glaubt das Publikum die Erzählung […] Nur ein paar Miesepeter stochern dann noch in den Details herum.“ (S. 188 – 189).

Anmerkung:
Im Anhang sind einige Beweisfotos des ausgebrannten Wohnmobils.

Fazit: Sehr lesenswert – mit sehr vielen wahren Hintergrundinformationen!