Rezension

Die Schwierigkeiten einer Freundschaft

Johannisbeersommer - Andrea Israel, Nancy Garfinkel

Johannisbeersommer
von Andrea Israel Nancy Garfinkel

Bewertet mit 4 Sternen

„Johannisbeersommer“ erzählt die Geschichte der zwei Freundinnen Lily und Valerie. Die beiden lernen sich in den 1960er Jahren kennen, da bereits ihre Eltern eine tiefe Freundschaft zu einander haben. Die beiden Mädchen wachsen zusammen und doch örtlich voneinander getrennt auf. Verbunden sind die beiden aber nicht nur durch ihre Eltern, sondern vor allem auch durch ihre Begeisterung und Liebe fürs Kochen und Backen. Ansonsten gibt es wenige Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Mädchen. Lily ist selbstbewusst, extrovertiert und künstlerisch begabt, wohingegen Valerie eher ruhig, zurückgezogen und ein naturwissenschaftliches Interesse pflegt. Doch Geheimnisse und Unstimmigkeiten überschatten die Freundschaft und der Kontakt reißt über die Jahre immer wieder ab. Doch ganz ohne die andere können sie auch nicht leben. Ein neuer Annäherungsversuch wird nach Jahren der Trennung gestartet. Wird ihre Freundschaft dieses Mal Bestand haben oder können sie die Vergangenheit einfach nicht vergessen.

Das besondere und auffälligste an „Johannisbeersommer“ ist die Erzählform. Diese bleibt auch nicht während des ganzen Buches gleich sondern wird mit den verschiedenen Zeitabschnitten die behandelt werden gewechselt. So besteht die 60er Jahre Epoche aus Briefen die sich die beiden Mädchen schreiben, die 2000er Jahre werden mit Hilfe von E-Mails erzählt und nur kurz Bereiche am Ende des Buches weisen eine Prosaform auf.

Zu Beginn war die Erzählform etwas verwirrend und ungewohnt, aber ich persönlich konnte sehr schnell in die Geschichte hineinfinden und empfand daher weder die Briefe noch die E-Mails als störend. Bereits Daniel Glattauer hat mit „Gut gegen Nordwind“ gezeigt, dass ein Buch, welches nur aus E-Mails besteht sehr gut funktionieren kann.

Zusätzlich hebt sich vor allem der längere Mittelteil, die 60er Jahre, durch die vielen Rezepte hervor. Aufgrund ihrer gemeinsamen Liebe zu gutem Essen gründen Lily und Valerie einen Rezept-Club und schicken sich ihre Lieblingsrezepte mit den Briefen mit. Besonders gut hat mir hierbei gefallen, dass die Rezepte wirklich nachgekocht werden können und vor allem dass es immer einen Bezug zur Geschichte gab. Es wurden nicht einfach wahllos irgendwelche Gerichte genommen, sondern man merkt dass die einzelnen Speisen für die Mädchen und für die Geschichte eine besondere Bedeutung haben.

Mit den Charakteren hatte ich über längere Zeit Schwierigkeiten und habe gerade anfangs die beiden öfter verwechselt. Dies ist meiner Meinung nach auf die Erzählform zurückzuführen, da der Leser erst nach und nach eine bessere Beschreibung und Vorstellung der beiden bekommt. Mit der Zeit wurde dies aber immer besser und zum Schluss hin hatte ich überhaupt keine Probleme mit dem Verwechseln mehr. Außerdem habe ich Valerie und Lily sehr gut vor meinem geistigen Auge sehen können.

Durch die Zeitsprünge lernt man die beiden sowohl als erwachsene Frauen wie auch als Teenager kennen. Anfangs war ich ein wenig irritiert über den teilweise sehr kühlen und aggressiven Ton in den E-Mails, da ja im Klappentext von Freundinnen die Rede war. Durch die nachfolgenden Kapitel die in den Jugendjahren der beiden spielen, wurde dieser Punkt aber geklärt.

„Johannisbeersommer“ zeigt auf sehr unterhaltsame und anschauliche Weise wie schwierig das Erwachsenwerden ist, aber auch die Schwierigkeiten in Bezug auf Freundschaften und Liebe. Erwartet hatte ich mir eigentlich einen eher seichten Frauenroman, bekommen habe ich allerdings viel mehr. Hier geht es eher darum wie wir durch unsere Eltern geprägt werden, wie das Leben uns manchmal mitspielt, und dass anderen immer scheinbar alles leichter fällt. Ein Buch das zumindest bei mir noch lange nach dem Lesen nachgewirkt und mich zum Nachdenken angeregt hat.