Die stillen Helden des Alltags
Bewertet mit 5 Sternen
Marzahn: Ein Berliner Stadtviertel, Hochhäuser im Plattenbau. Und gab es da nicht mal diese Cindy? Was habe ich also erwartet von "Marzahn, mon amour - Geschichten einer Fußpflegerin"? Gewollt witzige Geschichten über "Prolls", oder etwas vornehmer, das Prekariat. Lustig finden kann ich so etwas nicht. Und so hat es gedauert, bis ich zu diesem Buch gegriffen habe - und so positiv überrascht wurde!
Die Autorin Katja Oskamp erzählt von ihren Erfahrungen. Als Schriftstellerin hat sie nicht viel Erfolg, und so macht sie mit Mitte vierzig eine Ausbildung zur Fußpflegerin. Was sie dann im Marzahner Studio erlebt, erzählt sie in kurzen Kapiteln, in denen sie nacheinander ihre Kunden vorstellt. Und das tut sie mit so viel "Menschlichkeit und Witz" (Zitat Klappentext), dass mir das Herz aufgeht. Denn sie bringt dem Leser die Menschen und ihre Schicksale ganz nah: Die Alten, die ihr Leben lang malocht haben, deren Kräfte allmählich nachlassen und die doch mit so viel Tapferkeit und Heiterkeit weitermachen. Immer kann ich mich in sie hineinversetzen, so unterschiedlich sie auch sind, und die meisten werden mir richtig sympathisch.
Ich ertappe mich bei meinen Vorurteilen und bin dankbar für diese Schilderungen voller Wärme, Respekt und Wertschätzung. So ein Buch tut gut!