Rezension

Die UMC-Saga lässt grüßen

Die Dunwich-Pforte - Arthur Gordon Wolf

Die Dunwich-Pforte
von Arthur Gordon Wolf

Bewertet mit 5 Sternen

“Die Dunwich-Pforte” von Arthur Gordon Wolf ist Teil einer umfangreichen Saga, die sich UMC nennt. 
In dieser zukünftigen Welt gibt es eine Menge technischer Spielereien, mit denen die Menschheit sich zu unterhalten pflegt. Es existieren sogenannte Replikanten – menschenähnliche Roboter, die für alle möglichen Zwecke eingesetzt werden können. Außerdem wurden VR-Spiele entwickelt. Mit Hilfe eines Steady Grounds (Spieleinheit, in die der Körper des Spielers die Spielbewegungen ausführen kann) und einer Ray Ban (spezielle Brille, die die Spielumgebung für den Spieler sichtbar macht) kann man ziemlich realitätsnah in diese Spiele eintauchen. Ein selbstgewähltes Codewort ermöglicht den Spielern einen frühzeitigen Ausstieg aus dem aktuellen Spiel.

Als eine Reihe grauenhafter Morde an verschiedenen Spielern des Spieles ” Cold Spring Terror” darauf hinweist, dass jemand oder etwas aus dem Spiel in die Realität mitgekommen sein muss, bleibt Jaron Hatamura , Sonder-Ermittler der ‘Unit-R(eplikant) nichts anderes übrig, als selber zum Spieler zu werden. Er betritt das virtuelle, halb verlassene Dorf Dunwich und entdeckt eine Verbindung zu einem uralten und abgrundtief bösen Wesen.

Wer mich kennt, weiß, dass mich eher in einen Eimer Kuhmist setze, als freiwillig ein eBook zu lesen.
Inzwischen kenne ich von Arthur Gordon Wolf bereits “Katzendämmerung” und eine ziemlich große Auswahl diverser Kurzgeschichten. Da war es für mich eigentlich sehr schnell klar, dass ich um “Die Dunwich-Pforte” gar nicht herum komme.
Diese Novelle im eBook-Format, mit umgerechnet rund 60 Seiten für eine Printausgabe, hat mich in den letzten zwei Stunden nicht eher ruhen lassen, bis auch die letzte Zeile an mir vorbei gescrollt war.

Zunächst hat mich dieses ungewöhnliche, aber äußerst abgefahrene Genre fasziniert. Arthur Gordon Wolf nennt es selber “mythologische Horror-Sci-Fy” – und genau diese Elemente finde ich hier perfekt miteinander vereint. Der Sci-Fi-Part dominiert hier ganz klar. Das wird auch schon deutlich, wenn man sich die Inhaltsangabe durchliest. Auch der Horror kommt hier nicht zu kurz, denn die Novelle beginnt mit einem Blutbad der Extraklasse.
Aber das Besondere an dieser Story ist für mich der mythologische Part, den der Autor mit Einflüssen von H.P. Lovecraft ausgestattet hat. Insgesamt haben wir es hier mit einer wunderbaren und vielseitigen Gesamtmischung zu tun, die den Leser von allem Weltlichen fern hält.

Der Ermittler Hatamura ist ein herrlich arroganter Typ, der mit seinen teuren Schuhen und seinem trockenen Humor schneller einen Platz in meinem Leserherz hatte, als ich “Hatamura” sagen konnte. An dieser Stelle verteile ich generell gerne mal einen virtuellen Tritt ans Schienbein des Autors für solche Namen wie “Hatamura”. Der Versprecher eines weiblichen Charakters aus der Novelle (sie nennt ihn einmal Hatamaru) gibt mir da sicher recht, zeigt aber auch, dass Wolf sich anscheinend drüber im Klaren war, was passiert, wenn man seinen Protagonisten solche Namen gibt.

Ganz kurz möchte ich noch auf den Charakter Foley eingehen, ohne vorab zu spoilern, welche Rolle er in der Novelle spielt. Nur so viel: Abgrundtief böse, durchtrieben und intelligent – ein genial gezeichneter Charakter, bei dem sich einem die Nackenhaare aufstellen. Großartig!

Insgesamt mag ich Wolf’s Schreibstil sehr. Ich glaube, keiner versteht es wie er, zu fluchen, ein Gemetzel zu beschreiben oder eine Flirtszene einzuleiten, ohne dabei in irgendeiner Form aus dem Rahmen zu fallen. Ganz gleich, um was es gerade geht: die Sprache büßt niemals etwas von dem hochwertigen Niveau ein, das ich von ihm gewohnt bin. Falls es so etwas gibt, würde ich das als sprachliche Contenance bezeichnen.

Abschließend könnte ich jetzt darüber jammern, dass die Novelle viel zu kurz war und dass man wesentlich mehr hätte herausholen können. An dieser Stelle verweise ich wieder auf den Beginn dieses Artikels. “Die Dunwich-Pforte” ist Teil einer umfangreichen Saga. Was will man mehr?

In der Zwischenzeit freue ich mich auf eine Neuauflage der Katzendämmerung-Trilogie beim LUZIFER-Verlag und auf “Die weißen Männer” bei VOODOO PRESS.

Fazit:

“Die Dunwich-Pforte” hatte alles, was man in eine Novelle packen konnte. Es war durchgängig spannend, stellenweise böse und außerdem brutal unterhaltsam. Prädikat: In-einem-Stück-verschlungen. 
Das sind solche Texte, bei denen ich mir denke: Wo haben die Verlage nur ihre Augen und warum ist die gesamte verfluchte Saga nicht schon irgendwo im Druck?