Rezension

Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe

Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe - A. J. Betts

Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe
von A. J. Betts

Bewertet mit 4 Sternen

 

Wie unwahrscheinlich ist es, während eines Krankenhausaufenthalts seine große Liebe zu finden? Ich vermute, dass die Wahrscheinlichkeit gar nicht so gering ist, denn wir Menschen suchen doch meist in Zeiten großer Krisen nach Gleichgesinnten. Nach Menschen, die gerade etwas Ähnliches durchmachen und verstehen, was in uns vorgeht. Wir klammern uns an die Augenblicke in denen wir nicht mehr unverstandene Außenseiter sind. Und gerade deswegen ist es keinesfalls unwahrscheinlich, sich in einen Menschen zu verlieben, der mit vergleichbaren Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Bei Zac und Mia ist es ähnlich. Beide wurden mit einer schrecklichen Diagnose konfrontiert und leiden jetzt unter zahlreichen unangenehmen Nebenwirkungen einer Therapie, die wahrscheinlich nicht zur Heilung führen wird. Kopf an Kopf, getrennt durch eine Wand, liegen Zac und Mia isoliert und einsam in ihren Krankenhausbetten. Die Wand, die sie voneinander trennt, ist nicht besonders dick und fast jedes Geräusch dringt durch sie hindurch, sodass sie ein Stück weit miterleben können, was der Zimmernachbar durchmacht. Je mehr sie voneinander erfahren, umso größer wird die Neugier auf den Menschen hinter der Wand. Und aus ersten Klopfzeichen erwächst eine besondere Beziehung, die es unter normalen Umständen womöglich nie gegeben hätte …

A. J. Betts lässt ihre bedeutungsschwere Geschichte von zwei sehr interessanten und divergenten literarischen Figuren erzählen. Beide berichten in den sich abwechselnden Passagen aus ihren sehr gegensätzlichen Sichtweisen über die Dämonen einer tödlichen Krankheit, die sie täglich begleiten und plagen. Die Sicht von Mia ist manchmal sehr düster und sie wirkt im Gegensatz zu Zac gebrochen. Für sie ist es schwer, sich für das Leben zu entscheiden und zu kämpfen.Viel lieber würde sie einfach aufgeben und vor allen Problemen und den Menschen, die sie lieben fliehen. Ihr einziger Halt scheint Zac aus dem Nachbarzimmer zu sein, der einen ganz anderen Umgang mit der Krankheit hat. Er hängt an seinem Leben und möchte es in vollen Zügen genießen.                   Als Leser wird man mit vielen schwierigen Situationen konfrontiert, in denen beide Charaktere absolut authentisch und nachvollziehbar handeln. Zwangsläufig kommt man ins Grübeln, welchen Weg man womöglich selbst wählen würde. 

Die Gesamtgestaltung des Buches ist sehr ansprechend und passend zur Geschichte. Zarte Vergissmeinnicht  Blüten sind sowohl auf dem Cover als auch zwischen den verschiedenen Passagen zu finden. Passend sind diese gedruckten Blüten zwischen den einzelnen Abschnitten deshalb, weil beide Charaktere sich im Laufe der Geschichte, immer wieder aus den Augen verlieren und sich trotzdem nie ganz vergessen können.

Ich muss gestehen, dass ich seit John Greens „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ sehr kritisch beim Lesen von aufwühlenden Geschichten über schreckliche Schicksale von Menschen bin. Diese sind seither im Jugendbuch-Genre sehr stark vertreten und oft kann man diese kaum voneinander unterscheiden. Trotzdem war die Verlockung, durch die wunderschöne Buchgestaltung und den interessanten Klappentext, zu groß für mich und ich musste es trotz aller Vorbehalte lesen. Und ich bin froh darüber, denn diese Geschichte unterscheidet sich deutlich von der breiten Masse. Auch wenn es einige Passagen in der Handlung gab, die etwas langatmiger waren, überzeugten mich vor allem die Charaktere. Denn sie sind in ihrem Auftreten absolut authentisch und handeln ihrem Alter entsprechend. Zwischen Mia und Zac finden nur selten sehr tiefgründige Gespräche mit bewegenden Liebesschwüren statt. Der Leser findet es eher zwischen den Zeilen.

A. J. Betts hat sich in ihrem Debüt „Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe“ keinem neuen Thema angenommen und es dennoch gut umgesetzt. Der Leser erkennt deutlich die Botschaft, die die Autorin in ihren Zeilen verewigt hat: Es ist leicht und verständlich vor einer Krankheit zu resignieren und sich einfach aufzugeben. Jedoch gibt es viele wundervolle Dinge im Leben, für die es sich zu kämpfen lohnt … Wie die Liebe.