Rezension

Die Vergangenheit überschattet die Gegenwart - zwei starke, junge Frauen auf dem Weg zu sich selbst…

Der Schatten der Vergangenheit - Marie Caroline Bonnet

Der Schatten der Vergangenheit
von Marie Caroline Bonnet

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die Vergangenheit überschattet die Gegenwart - zwei starke, junge Frauen auf dem Weg zu sich selbst…

Der historische Liebesroman „Der Schatten der Vergangenheit“, Band 3 der Töchter-der-Stürme-Reihe, von Marie Caroline Bonnet ist am 18. April 2019 im DIGITAL PUBLISHERS (dp) - Verlag erschienen und spielt in Frankreich, zumeist in Paris.

Laure, die 16-jährige Tochter von Lianne und Luc, hält sich gerade bei ihrer Tante Adelais in La Rochelle auf, weil ihre Eltern zu einer Kunstausstellung in Paris sind. Völlig unerwartet nimmt Laure’s unbeschwertes Leben ein abruptes Ende, denn ihr Cousin Nicolas ist plötzlich verschwunden und Nisani, ihre Cousine am Boden zerstört. Was haben die beiden getan? Nachdem Adelais und Paul herausgefunden haben, was Nicolas hat fliehen lassen, erzählen sie Nisani die Wahrheit über ihre Herkunft. Diese will sofort zu Lianne nach Paris, denn nur die kann Nisani die gesamte Geschichte erzählen. Nisani darf aber nicht allein reisen und weil Laure Heimweh hat, fahren sie zusammen nach Paris. Vor den beiden liegt eine anstrengende und gefährliche Zeit, die geprägt ist von dem inneren Kampf der Mädchen, aufzugeben oder aber zusammenzuhalten, egal was kommt und sich sein Ziel zu erkämpfen, um glücklich zu werden.

Das Cover fand ich sehr gelungen und passend zur Geschichte. Der Klappentext hat neugierig gemacht, ohne zu viel zu verraten.

Zwei Abende habe ich für dieses Buch gebraucht, das mich zufrieden, aber auch bewegt zurücklässt.

Laure ist ein 16-jähriges Mädchen, das bisher unbeschwert aufgewachsen ist. Am Anfang ist sie noch recht naiv und glaubt immer an das Gute, doch im weiteren Verlauf wird sie zusehends reifer und erwachsener. Sie ist etwas ängstlich und ihr fehlt noch Selbstbewusstsein, doch beides entwickelt sich auf ihrer Reise nicht nur nach Paris, sondern auch zu sich selbst. Laure ist hilfsbereit, insgesamt einfach sympathisch.

Nisani ist drei jähre älter und schon reifer als Laure. Nachdem ihre „Mutter“ Adelais ihr die Wahrheit über ihre Vergangenheit sagt, will sie unbedingt mehr erfahren und wissen, woher sie stammt und wer ihre Eltern sind. Dafür nimmt sie so einiges in Kauf. Nisani wirkt an manchen Stellen recht egoistisch und sie kann sehr impulsiv sein. Trotzdem hat sie ein großes Herz, ist eine sehr starke Frau und hat einen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Mir persönlich war sie manchmal etwas zu distanziert und ich konnte nicht so richtig eine Bindung zu ihr aufbauen, trotzdem hat sie mir gefallen, vor allem, wie sie Laure beschützt hat. Nisani ist in ihrer Art sehr ehrlich, auch wenn es anderen manchmal wehtut.

Beide Protagonistinnen konnten mich überzeugen. Ihr Want und Need war deutlich, ihre Motivation war nachvollziehbar und sie haben sich entwickelt. Beide haben ihr Ziel verfolgt und mussten bei deren Erreichung ganz schöne Hürden überwinden. Ihnen ist nichts einfach so zugefallen. Ihre innere Verzweiflung und zum Teil die Ausweglosigkeit und Hoffnungslosigkeit waren für mich als Leserin spürbar und ich war voll dabei, habe mit ihnen mitgelitten und immer das Beste für sie gehofft.

Auch alle anderen Figuren fand ich gelungen. Julie Shaw und Alexandre Victor sind neue Charaktere, gefallen mir persönlich aber auch sehr. Auch die Nebenfiguren haben ein Ziel und irren nicht einfach so durch die Handlung. Ich habe mich sehr über ein Wiedersehen mit René gefreut. So erfährt man, wie es Lianne bestem Freund ergangen ist. Lianne habe ich in diesem dritten Band etwas anders kennengelernt. Zwar kann ich ihr Verhalten dem ersten Freund von Laure gegenüber ein Stück weit nachvollziehen, doch hätte ich mir mehr Offenheit gewünscht. Bevor man sich ein Urteil über einen Menschen bildet, sollte man sich sein eigenes Bild machen. Das dürfte Lianne doch aus eigener Erfahrung wissen.

Besonders gut hat mir gefallen, dass Laure und Nisani ihren Müttern vor allem charakterlich sehr ähnlich sind. Dadurch konnte man schnell ins Buch finden und eine Beziehung zu den beiden aufbauen.

Die Handlung des Buches fand ich insgesamt gelungen. Ein großer Teil dieses Buches besteht aus der gefährlichen und anstrengenden Reise Laures und Nasanis nach Paris, der aus meiner Sicht leider ein paar Längen hat. Insgesamt wird aber ein guter Spannungsbogen aufgebaut und auch die Konflikte sind gut entwickelt. Überraschende Plot-Twists gibt es nicht sehr viele. Wer die ersten beide Bände kennt, kann sich vieles schon denken. Trotzdem mochte ich das Buch. Ein wenig hat mich gestört, dass Nasani mit Alexandre (Laures Geliebten) genau das Gleiche macht, wie damals Emeni mit Luc (Liannes Geliebten). Ich fand Nasanis Aktion etwas überzogen und nicht unbedingt nachvollziehbar. Da sah es bei Emeni damals schon anders aus. Das Ende hat mich dann wieder total überzeugt. Es war schön und harmonisch.
Besonders gelungen fand ich am Ende, dass man als Leser/Leserin erfährt, wie es auch allen anderen Figuren ergangen ist bzw. wie deren Zukunft aussehen wird.

Aber wie liest sich das Buch nun?

Es sind 28 unterschiedlich lange Kapitel + Prolog + Epilog, die aus Laures Sicht in der ICH-Form im Präteritum und aus der Sicht einiger anderer Figuren in der 3. Person Singular in der personalen Erzählform geschrieben sind. Das hat mir gut gefallen, weil man sich so schnell in die Figuren hineinversetzen kann, und deren Denken und Fühlen gut nachvollziehen kann.

Der Schreibstil war wie immer ein Genuss, sehr flüssig, bildhaft und lebendig. Gerade die atmosphärischen Beschreibungen und die Beschreibungen der Settings muss ich immer wieder ganz besonders lobend erwähnen. Es schafft so eine schöne Stimmung für den Leser/ die Leserin, als wäre man dabei. Wirklich grandios!

Besonders gelungen war auch dieses Mal die Darstellung der Gefühle und Gedanken der Figuren, aber auch die Beschreibung der Hilflosigkeit der vielen Bewohner von Paris in diesem kalten, langen Winter, in dem es kaum Unterstützung durch den König gab. Das hat mich doch sehr bewegt.

Mein Fazit nach 267 Seiten:

„Der Schatten der Vergangenheit“ ist ein historischer Roman, der sehr eindrucksvoll zeigt, wie schwierig es für Frauen im 17. bzw. 18 Jahrhundert war, d.h. wie Männer zum Teil mit ihnen umgegangen sind und sich genommen haben, was sie wollten.

Wer einen spannenden, historischen Liebesroman sucht, der im 17. bzw. 18. Jahrhundert spielt und auch die Themen „Rolle der Frau“ und „Identitätsfindung“ thematisiert, der dürfte mit diesem Roman gut beraten sein.

Von mir erhält dieses Buch eine klare Kaufempfehlung (4,5/5 Sterne), weil die Situation der beiden Protagonistinnen auf ihrem Weg nach Paris sehr realistisch und eindrucksvoll beschrieben ist, mit den unterschiedlichsten Höhen und Tiefen, vor allem emotional. Die Auswirkungen des beschriebenen harten Winters auf die Bewohner von Paris ist wirklich bewegend. Das erreicht Marie Caroline Bonnet durch einen wundervollen bildhaften Schreibstil, der den Leser/ die Leserin absolut abholt. Ein halbes Sternchen ziehe ich ab, für die sich wiederholende Handlung Nasanis in Bezug auf Alexandre.

Insgesamt ist es aber ein wirklich gelungener Roman und bewegender Abschluss der Töchter-der-Stürme-Reihe, den ich ganz klar weiterempfehlen kann, wie auch die Vorbände.

Vielen Dank an Marie Caroline Bonnet für diese Geschichte.