Rezension

Die vermisste Lilli - oder ein Haufen unsympathischer Menschen

Der Strand: Vermisst -

Der Strand: Vermisst
von Karen Sander

Bewertet mit 1 Sternen

Die gehörlose 19-jährige Lilli Sternberg verschwindet spurlos auf dem Weg zum Strand. Die Polizei unter der Leitung von Kriminalhauptkommissar Tom Engelhardt durchkämmt sofort die gesamte Umgebung: den Strand, den Ort Sellnitz, in dem Lilli bei ihren Großeltern lebt, das Hinterland. Ohne Ergebnis. Die einzige Spur ist Lillis letzte Handy-Nachricht an eine Freundin: das Foto einer in den Sand gemalten, scheinbar wahllosen Zeichenfolge. Engelhardt bekommt Hilfe von der Kryptologin Mascha Krieger vom LKA. Doch die Ermittler tappen im Dunkeln: Wurde Lilli entführt, und bei dem Foto handelt es sich um eine Botschaft des Täters? Hat Lilli selbst eine Art codierten Abschiedsbrief verschickt? Hat die Schrift im Sand überhaupt etwas mit ihrem Verschwinden zu tun?

Meine Meinung: 

Ich durfte das Buch im Rahmen einer Leserunde lesen und bedanke mich sehr dafür :) 

Leider fällt meine Rezi negativer aus als ich selbst erwartet habe, denn der Beginn des Buches startet vielversprechend. Wir steigen sofort in den Vermisstenfall rund um die junge gehörlose Lilli ein. Wir lernen die zuständigen Ermittler*innen kennen und stürzen uns direkt in die Polizeiarbeit. Das ist am Anfang wirklich gut, weil die Kapitel kurz und knackig sind, viel passiert und man unbedingt wissen will, wie es weitergeht. Leider ändert sich dieser Eindruck schnell. 

Beginnen wir mit der Polizeiarbeit: 
Man kennt es aus anderen Krimireihen: Polizist*innen sind auch nur Menschen und haben ihre Päckchen zu tragen. Auch hier stellen wir das schnell fest, merken aber auch, dass der ein oder andere mehr privates mit sich rumschleppt als vielleicht gut für ihn ist. Das ist erstmal okay, wenn es sich nicht auf die Arbeit auswirkt. Genau das klappt bei den Ermittler*innen in dieser Geschichte leider nicht. Insbesondere Tom und Mascha wirken zwar erst sympathisch, es stellt sich aber schnell heraus, dass die beiden von Polizeiarbeit nicht so viel Ahnung haben. Sie arbeiten unglaublich schlampig und teilweise völlig unkoordiniert. Zeugen werden gar nicht oder nur belanglos befragt, Spuren werden nicht verfolgt, es werden wenige oder die falschen Fragen gestellt und wirklich interessante Ansätze bleiben außer Acht. Das hat mich in der ganzen Geschichte stellenweise wirklich richtig sauer gemacht, weil man durchgehend das Gefühl hat, dass der Fokus zu sehr auf das Privatleben der Personen gerichtet ist (aber: auch hier passiert nicht so viel relevantes oder atemberaubendes, dass es meine Meinung zur Geschichte ändert). 

Weiter zum Vermisstenfall und den Charakteren: Mascha und Tom habe ich jetzt schon zu Genüge kritisiert. Manchmal überzeugt ja dann - wenn es das Ermittlerteam schon nicht kann - wenigstens der Kriminalfall. Aber auch das ist hier nicht gelungen. Es passieren zwar einige spannende Dinge und Wendungen, aber Lilli bleibt uns als Vermisste völlig fern. Ich habe keinen Zugang zu ihr gefunden, weil all ihre Freunde und Familienmitglieder durchgängig unsympathisch sind und jeder in irgendeiner Form Dreck am Stecken hat. Dadurch habe ich kaum Interesse daran, was mit Lilli eigentlich geschehen ist. 

Und da wären wir dann auch schon beim Verlauf der Geschichte: leider erfahren wir nämlich im ganzen ersten Band rein gar nichts. Es werden zig Handlungsstränge geöffnet und Fragen aufgeworfen. Man merkt schnell, dass jede Figur etwas zu verheimlichen hat. Bis zum Ende von Band 1 wird davon aber nicht eine einzige offene Frage beantwortet. Wir werden mit den offenen Strängen und unseren Fragen auf den nächsten Band vertröstet. Aus Krimireihen kenne ich es persönlich so, dass jeder Band einen einzelnen Fall beinhaltet und dann aber die Geschichten drumherum - also zum Beispiel die Privatgeschichten des Teams - weitererzählt werden. Davon sollte man in diesem Buch nicht ausgehen. Hier werden wir völlig im Dunkeln gelassen und bekommen keinerlei Antworten. Man könnte meinen, dass man dadurch umso mehr angefixt ist die nächsten Bände zu lesen. Das mag bei dem ein oder anderen so sein, bei mir führt es eher zur Resignation. Vielleicht lasse ich mir irgendwann mal von jemandem erzählen wie die Reihe endete, aber Lust das Ganze selbst weiterzulesen, habe ich nicht. Dafür fehlte mir einfach die innovative Idee und vor allem ein stringenter, interessanter Verlauf mit coolen, inspirierenden Charakteren. 

Fazit: 

Für mich leider als erster Band einer Krimireihe ein absoluter Flop, weil etliche Stränge und offene Fragen aufgeworfen werden, die in keinster Weise beantwortet werden. Stattdessen werden wir auf den nächsten Band vertröstet. Auch die Charaktere reißen das Ganze nicht mehr raus. Ich kann leider nicht mehr als 1 Stern vergeben.