Rezension

Die Vögel fallen tot vom Himmel…

Der Schatten - Melanie Raabe

Der Schatten
von Melanie Raabe

Bewertet mit 3 Sternen

Norah bricht ihr bisheriges Leben ab, kehrt Berlin und alles was dazu gehört den Rücken. Aus Gründen die nur sie selbst versteht, startet sie in Wien einen Neuanfang. Neue Wohnung, neuer Job. Neues Leben? Die selbe Stadt in die Norah sich bei einem Sommer Urlaub verliebt hat, zeigt jetzt plötzlich ihr triste, dunkle, winterliche Seite und vermag ihr nicht ganz das heimelige Gefühl zu geben das sie sich erhofft hatte. Als der Neubeginn schon sehr holprig läuft bekommt Norah in einer belebten Wiener Fußgängerzone von einer Bettlerin, eine Prophezeiung. Sie wird einen Mann töten, einen Mann den sie gar nicht kennt! Völlig unmöglich, denkt sich Norah, nie wäre sie dazu fähig eine Mörderin zu werden. Doch als sich wenige Tage später die Welt plötzlich unaufhörlich beginnt sich zu drehen und immer mehr mysteriöse Vorfälle passieren, sieht sie sich jäh mit einem traumatischen Ereignis ihrer Vergangenheit konfrontiert. Wird Norah schlussendlich doch zur Mörderin?

Der Schatten ist das nun mehr dritte Werk, der mittlerweile in Köln lebenden Autorin, Melanie Raabe. Ihr Debüt Roman „Die Falle“ erschien bereits 2015 unter dem btb Verlag. Ihr neues Werk hat einige kontroversen in mir ausgelöst. Auf der einen Seite passieren der eigenwilligen, starken und sehr gerechtigkeitsbewussten Protagonistin äußerst merkwürdige Dinge. Jedes dieser Vorkommnisse für sich genommen war gut und hätte die Story echt spannend machen können aber insgesamt waren sie zu viele und zu wenig ausgearbeitet.  Solche Dinge die einen guten Thriller ausmachen und mich als Leser in Atem halten wollten und mich schaudern lassen sollten. Jedoch brachten sie Norah immer nur kurz zum stutzen, sie stellte zwar ihre Merkwürdigkeit fest und grübelte kurz aber ging dann teils völlig ungerührt zum Alltag über. Das einzige was ihr immer wieder zu zusetzen schien war die leere ihrer Wohnung. Wie soll mich eine Handlung in Atem halten und ihre Begebenheiten erschaudern lassen, wenn nicht einmal die Protagonistin sich fürchtet? Ein tougher Charakter ist immer gut aber in dem Fall war sie leider etwas zu unbeeindruckt um Stimmung aufkommen zu lassen. Zu dem tauchten immer mehr Ungereimtheiten auf die mich bis weit über die Mitte des Buches recht missmutig zurück ließen. Bis dahin war es der gute Schreibstil, die kurzen Kapitel und die inständige Hoffnung das Frau Raabe das Steuer noch rum zu reißen vermag. Dann kam die Auflösung des Ganzen. Ich hatte zwar zwischendurch etwas Lunte gerochen aber das Ende hat mich überrascht und war vom Gesamtbild her sehr gelungen. Norahs letzter Kampf mit den Geistern ihrer Vergangenheit war sehr bewegend und im Gegensatz zu den ersten 300 Seiten hat man sie und ihre Reaktionen endlich authentisch war genommen. Mir gefiel die Idee hinter der Story wirklich unglaublich gut und dass ist das was mich über die anfängliche Enttäuschung darüber, nicht zu wissen wo Melanie und Norah mit mir hinwollten, einigermaßen hinwegtrösteten konnte.

Der Schreibstil ist recht flüssig zu lesen und mutet zu weilen in der Wortwahl etwas vornehmer an. Weswegen wiederkehrende Redewendungen wie „…Norah schritt eilig aus…“ und „… Sie vermied es auszugleiten…“ leider mehr auffällt. Alles in allem ein gutes Buch, die Autorin hat aber noch Luft nach oben. Dass sie mehr kann hat sie nämlich am Ende sehr eindrucksvoll gezeigt.  Wer einen Thriller mit jeder Menge aufkommender Ungereimtheiten zum Rätseln, einer nicht so leicht zu erschreckenden Protagonistin und einem etwas anderen, unerwarteten Ende, mit schlüssiger Auflösung der Vorkommnisse sucht ist mit „Der Schatten“ gut beraten.