Rezension

„DIE VORSÄTZLICHE VERNICHTUNG VON GLÜCK“- Ein fesselnder Thriller mit hohem Tempo

Mit Zorn sie zu strafen - Tony Parsons

Mit Zorn sie zu strafen
von Tony Parsons

Bewertet mit 5 Sternen

Ein überaus spannender, temporeicher, teilweise schockierender und am Ende sehr überzeugender Thriller, bei dem auch „whodunit“-Fans auf ihre Kosten kommen.

Zum Inhalt:
In der Silvesternacht ereignet sich ein grausames Verbrechen. Eine sehr wohlhabende Londoner Familie wird bestialisch abgeschlachtet. Nur vom jüngsten Sohn der Familie, dem vierjährigen Bradley, fehlt jede Spur. Für Detective Max Wolfe und sein Team beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn Eines hat sich immer wieder bewahrheitet: Je länger ein Kind verschwunden bleibt, desto geringer ist Chance, es lebend zu finden…

Meine Meinung:
Eines vorweg: „Mit Zorn sie zu strafen“ ist ein sehr harter Thriller, der für zartbesaitete Leser sicherlich nicht unbedingt zu empfehlen ist. Im Verlauf der Story sind mir manche Ereignisse wirklich sehr, sehr nahe gegangen.

Der Prolog zur Geschichte widmet sich der unvorstellbar grausamen Tat in der Silvesternacht, der Leser ist bei den Schrecken der Familie Wood „live“ dabei. Ich habe selten so einen atemlosen, verstörenden und zutiefst schockierenden Prolog gelesen. In sofern zeigt Tony Parsons dem Leser schon sehr früh, was ihn in diesem Thriller erwartet.

Auch im Folgenden gelingt es Tony Parsons, Tempo und Spannung stets auf einem hohen Niveau zu halten. Gleich an mehreren Stellen des Buches kommt es zu „brenzligen Situationen“, die manch anderem Thriller problemlos schon als „Grande Finale“ dienen würden. In sofern lässt der Autor seinen Lesern kaum Zeit, zwischendurch einmal durchzuatmen. Selbst in Szenen, in denen die Handlung nicht von Action und / oder Spannung dominiert wird, tickt im Hintergrund doch immer die Uhr für die Suche und Rettung des kleinen Bradley.

Wer jetzt versucht ist zu denken, Parsons würde die Charakterentwicklung zu Gunsten von Spannung und Tempo vernachlässigt, der irrt. Obgleich ich seinen Ermittler, den alleinerziehenden Detective Max Wolfe, noch nicht aus dem Vorgängerband kannte, habe ich schnell Zugang zu ihm gefunden und ihn als sehr menschlich und sympathisch empfunden. Erfrischend abwechslungsreich ist es, dass beim Ermittlungsteam viele weibliche Charaktere mit dabei sind, insbesondere in den leitenden Positionen. Lediglich die Figur des Prof. Dr. Joe Stephen (der „Lieblings-Rechtspsychologe“) ist mir insgesamt zu blass geblieben. Von diesem Charakter hatte ich mir deutlich mehr erhofft.

Überhaupt kommen Parsons Ermittler sehr menschlich und individuell rüber. Nur das manchmal von leicht naiv bis fahrlässig überhastet erscheinende Vorgehen der Ermittler hat mich an manchen Stellen doch stark verwundert und durchaus gestört. Hierdurch ist es auch wenig verwunderlich, dass das Team im Verlauf des Buches tatsächlich ordentlich „was einstecken“ muss.

Sehr gut gefallen hat mir, dass „Mit Zorn sie zu strafen“ einen ausgebprägten „whodunit“-Charakter hat, d.h. Miträtseln und eigene Theorien entwickeln und wieder verwerfen klappt bei diesem Thriller wirklich gut. Letztendlich gingen meine Theorien - durch einen klitzekleinen Hinweis nach ca. 2/3 des Buchs – in die Richtige Richtung, auch wenn mich die komplette Auflösung dann doch überrascht hat. Bei aller Überraschung hat es Tony Parsons aber geschafft, die Handlungsfäden trotz aller Finten und Täuschungen am Ende überzeugend zusammen zu bringen und eine plausible Auflösung zu präsentieren.

Ebenfalls gut gefallen hat mir, dass Tony Parsons in seinem spannenden Thriller auch Sozialkritik übt. Zum einen arbeitet er deutlich heraus, wie schwer es für ethnische Minderheiten sein kann, aus ihrem „vorbestimmten Leben“ auszubrechen. Zum anderen hält Parsons den Medien, die nur zu gerne über die Schicksale der Reichen und Schönen berichten, die „Underdogs“ dabei aber gerne vernachlässigen, einen Spiegel vor.

FAZIT:
Ein überaus spannender, temporeicher, teilweise schockierender und am Ende sehr überzeugender Thriller, bei dem auch „whodunit“-Fans auf ihre Kosten kommen.