Rezension

Die wahren Monster sind die Lebenden - Krimi mit einer wohldosierten Portion Schauergeschichte

Die schwarze Frau - Simone St. James

Die schwarze Frau
von Simone St. James

Bewertet mit 5 Sternen

>> Während sie auf die Worte schaute, überkam Katie ein mulmiges Gefühl, ein kurzer Impuls der Angst, den sie vor den anderen verbergen wollte. Jeder wusste von Mary Hand, aber irgendwie wurde sie durch diese gekritzelten Buchstaben realer. <<
1950: Jedes Internat hat seine Legende, da bildet auch das abgelegene Idlewild Hall keine Ausnahme. Man erzählt sich, dass hier Mary Hand, die schwarze Frau umgeht.... Katie, Roberta, Cece und Sonia teilen sich ein Zimmer und sind beste Freundinnen. Sie stehen einander bei, denn während die meisten von ihnen einfach nur von den Eltern abgeschoben wurden, verbirgt die introvertierte Sonia ein düsteres Geheimnis. 
2014: Es ist wie ein innerer Zwang. Immer wieder zieht es die Journalistin Fiona zum verfallenen Internat, auf dessen Grundstück vor 20 Jahren ihre ermordete Schwester gefunden wurde. Der Mörder ist längst verurteilt und doch gibt es eine Menge offene Fragen. Nachdem das Gebäude Jahrzehnte leer gestanden hat, beginnen plötzlich Renovierungsarbeiten. Scheinbar will jemand Idlewild Hall wieder instand setzen. Fiona sieht ihre Chance gekommen eine Reportage über den Umbau zu schreiben um weitere Nachforschungen anstellen zu können. Da wird plötzlich eine weitere Leiche gefunden....
"Die schwarze Frau" ist düstere, dichte Atmosphäre und Spannung pur. 
Eine Schauergeschichte, Legende oder Wahrheit, bildet den perfekten Hintergrund für das wahre Grauen, die Monster in Menschengestalt. 
Es ist kein blutiger Krimi, kein nervenzerreißender Thrill, es ist eine sehr leise Geschichte und dafür umso verstörender.
Je näher man dem Ende kommt, je mehr ans Licht kommt, desto stärker kriecht einem das Grauen den Rücken hinauf. 
Simone St. James versteht es ganz geschickt, die Legende um Mary Hand, in beide Zeitebenen einzuweben und schafft damit eine einmalig dichte und düstere Atmosphäre für die tatsächliche Geschichte. 
Mich hat das Buch sehr bewegt. Die Kapitel erzählen abwechselnd aus der Sicht der vier Mädels um 1950 und Fionas in der Gegenwart. Das macht es sehr spannend. Denn sowohl die Vergangenheit wie auch das hier und jetzt entwickeln eine verstörende, fast schon hypnotische Sogwirkung, der man sich nicht mehr entziehen kann. Man liest Seite um Seite und dann erwischt einen Sonias Schicksal eiskalt. 
Fazit: "Die schwarze Frau" ist mein absolutes Lesehighlight 2019 und zählt zu meinen Lieblingsbüchern. Solche atmosphärisch dicht erzählten Geschichten sind selten. 
Ich hätte am Liebsten sofort das nächste Buch von Simone St. James gelesen, doch leider ist noch kein weiterer ihrer vielen Romane übersetzt. Doch ich hoffe, sehr bald mehr von ihr lesen zu können.