Rezension

Die Waringhams und Königin Elizabeth I.

Der Palast der Meere - Band 5 - Rebecca Gablé

Der Palast der Meere - Band 5
von Rebecca Gablé

Bewertet mit 4.5 Sternen

In „Der Palast der Meere“ erzählt Rebecca Gablé die Geschichte der Familie Waringham und die des englischen Königshauses weiter. Fast nahtlos an den Vorgänger-Roman begegnen wir den Kindern von Nicholas of Waringham wieder, die jetzt die Helden des neuen Buches sind. Allen voran Isaak, der zweitälteste Waringham-Sohn, der etwas aus der Art schlägt, da er keineswegs Pferdezüchter werden will sondern vor dieser Verantwortung schnurstracks auf ein Schiff flüchtet und erst mal als blinder Passagier in die Welt hinaussegelt. Dort ist er nicht nur den Unbilden der Natur und der Tierwelt ausgesetzt, sondern auch den harten Regeln seines Kapitäns und mehr als einmal gerät er dabei in Lebensgefahr und der Leser bangt und leidet mit ihm. Aber Isaak besticht durch seine Charakterstärke und er hat das Herz auf dem rechten Fleck und den Mut auch für seine Gesinnung einzustehen.

Seine Halbschwester Eleonor lebt derweilen am königlichen Hof als engste Vertraute der großen englischen Königin Elizabeth I. Diese ist eine kluge aber auch sehr eigenwillige Herrscherin, die es schafft, ihr Leben lang ohne Ehegatten in einer rauen Männerwelt zu bestehen und bis ins hohe Alter, von ihrem Volk geliebt und verehrt, zu regieren. Um dies zu erreichen musste sie sich aber nicht nur gegen ihre Erzrivalin, die schottische Königin Mary behaupten, die immerfort ihr Anrecht auf den englischen Thron erstreiten wollte, sondern unter anderem auch die angreifenden Spanier in einer großen Seeschlacht  vor der Küste Englands abwehren.

Gewohnt routiniert und raffiniert erzählt Rebecca Gablé eine Geschichte, in der sehr viele historische Persönlichkeiten eine tragende Rolle spielen und neben den erfundenen Darstellern harmonisch und authentisch agieren. Nicht nur die Königin und ihre diversen Staatsmänner sondern auch Francis Drake, der freibeuterische Seefahrer und William Shakespeare geben ihr Gastspiel. Man kann sich durchaus vorstellen, dass Elizabeth I.und all die anderen geschichtlichen Darsteller so oder so ähnlich gewesen sind, dass sie so gesprochen haben und so gelacht und geweint. Dabei legt die Autorin großen Wert darauf, dass die politischen Ränke und Intrigen, die amourösen Verstrickungen, die religiösen Motivationen, die nackten Fakten und belegbaren Daten mit einfließen in die fiktive Handlung. Deshalb sind Gablés Bücher auch immer ein Lehrstück für gute Historien-Romane und man verlässt das geschichtliche Parkett um einiges schlauer.

Als Fan von Rebecca Gablé und als begeisterter Leser all ihrer Romane möchte ich einen kleinen Kritikpunkt aber dennoch anbringen. Im letzten Viertel fand ich, das die Spannung nachgelassen hat. Dies lag für mich vor allem daran, dass die historischen Fakten etwas Überhand nahmen und die fiktiven Waringham-Helden für meinen Geschmack zu kurz kamen. Dadurch wurde es am Ende zu einem fast nüchternen Bericht, der bei mir relativ wenig Empathie freisetzte. Auch ist das Finale insbesondere für Eleonor fast ein bisschen viel Friede, Freude, Eierkuchen. Aber das ist natürlich Mäkeln auf hohem Niveau. Mir hat das Buch wirklich sehr gut gefallen. Es war halt nicht mein Lieblingsbuch von Rebeca Gablé. Ich freue mich, dass es wohl bald mit dem zweiten Teil über die Otto-Linie in Deutschland weitergehen soll. Der erste Teil war nämlich mein absoluter Liebling.